Johannes Eulering
*1933
Langjähriger Sportreferent der Landesregierung NRW im Kultusministerium
sowie Abteilungsleiter Sport – Sportstättenbau – Schulbau
Johannes Eulering begann seine Laufbahn als Studienrat für Deutsch und Sport am Humboldt-Gymnasium in Essen. Ins Kultusministerium wurde er als Sportreferent berufen zur Organisation des Landessportfestes der Schulen/Jugend trainiert für Olympia und zur Umsetzung des Förderungsplans Leistungssport. Als Ministerialdirigent war er dann für alle der öffentlichen Hand übertragenen Förderbereiche zuständig.
Kurzbiografie
- Geboren 1933 in (Bottrop-)Kirchhellen
- Ab 1970 Sportreferent der Landesregierung im nordrhein-westfälischen Kultusministerium
- Ab 1971 Präsidiumsmitglied des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen
- 1977 Konstituierung der Sportministerkonferenz der Länder
- Ab 1979 Leiter der neuen Abteilung Sport – Sportstättenbau – Schulbau im nordrhein-westfälischen Kultusministerium
- 1987 Programmausschussmitglied des West-Berliner Kongresses “Menschen im Sport 2000”
- 1992 Staatsziel Sport in der Landesverfassung
- 1993 Dr. phil. h.c. der Universität Bielefeld
- 1997-2005 Vizepräsident des LSB NRW
- 1998-2006 Präsident der Europäischen Akademie des Sports
- 2002 Sportplakette des Landes Nordrhein-Westfalen
- Seit 2006 Ehrenpräsident der Europäischen Akademie des Sports
- 2008 Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen
Johannes Eulering über …
„Bei der Hitlerjugend waren wir nur ein Mal richtig versammelt. Wir wurden von der Schule aus dahin bestellt und wurden dann ziemlich malträtiert. Wer nicht geradeaus marschierte, bekam einen Tritt in den Hintern. Man hat uns schon am Morgen all unsere Mützen weggenommen, so konnten wir im Laufe des Tages nicht wieder nach Hause. Von da aus war diese Hitlerjugend für uns kein Anziehungspunkt mehr, der das sportliche Leben und die Jugend versuchte zu beherrschen. Ich bin dann in der kirchlichen Jugendarbeit groß geworden. Zum Sport bin ich da auch gekommen. Und zwar ähnlich wie in der Gründungsgeschichte von Borussia Dortmund – durch die Jugendarbeit in unserer katholischen Jugend. Im Unterschied zu Dortmund, wo der Kaplan wohl gegen die Gründung des Sportvereins war, war unser Kaplan aber dafür. Er besorgte uns dann ein Stück Heidesand und animierte uns dazu, dort einen Fußballplatz zu bauen. Und da haben wir dann selbst aus der Heide einen Sandplatz herausgearbeitet. Die Torbalken haben wir per Fahrrad zum Platz getragen. Ich habe es deswegen so gut in Erinnerung, weil den einen Querbalken, den habe ich auf meiner Schulter von einem Sägewerk bis zum Sportplatz gefahren. Und als ich ihn von der etwas schmerzenden Schulter runterwarf, traf der genau den Hund unseres Freundes, der jaulend davonstob. Aber der Hund hat diese ganze Gründung überlebt. Und so fingen wir dann mit dem Sportleben an. Die erste richtige Erinnerung an Fußballspiele habe ich 1946, als wir den ersten Fußball für 700-800 Reichsmark und einige Speckseiten erworben haben. Wir haben in der Sommerzeit, als die Uhr zweimal verschoben wurde, bis 11 Uhr abends Fußball gespielt. Von da aus bin ich dann in die Welt des Fußballs hineingekommen. Ansonsten haben wir in unserer Pfarrjugend auch Tischtennis gegen einen Tischtennisverein gespielt. Wir bildeten den anderen Verein und haben auch eigene Meisterschaften durchgeführt. Zum Beispiel Mehrkampfmeisterschaften. Heute kann ich sagen: Ich bin immer noch stolz, dass ich da den ersten Platz gewonnen habe.“
„Ich kam wieder zum Personalchef, der sagte: ‚Gehen Sie mal auf die sechste Etage. Ihnen wird schon jemand sagen, was sie zu tun haben.‘ Ich bin hochgegangen, habe an die Tür geklopft, bin reingegangen – es war wohl auch einer der Glücksfälle in meinem Leben: Da saß nämlich der Sachbearbeiter, der vorher das Landessportfest mit Friedel Schirmer zusammen organisiert hatte. Ich sage: ‚Ich soll mich hier melden und hier würde mir gesagt, was ich zu tun hätte.‘ ‚Ja‘, sagt er, ‚da steht ein Schreibtisch. Da saß vor einigen Tagen einer, der war drei Tage lang hier. Ein Herr Schmitz aus Köln. Als er hörte, was zu tun war, hatte er sich wieder verdrückt.‘ Da habe ich Platz genommen und dann hatte ich ja immerhin den Sachbearbeiter neben mir.
Ohne irgendjemanden zu fragen, ohne dass irgendjemand sonst was gesagt hat, habe ich mir von ihm sagen lassen, wie das geht und was man machen soll. Und dann haben wir als erstes ein Organisationsbüro aufgebaut. Das war sicher eine der wichtigsten Entscheidungen. Wir haben dann von da aus das zweite Landessportfest der Schulen auf den Weg gebracht, sehr zur Freude des Ministers Holthoff.
Es regnete, als das Landessportfest bevorstand. Das habe ich auch nie vergessen: Ich kriegte einen Anruf des Ministers, der fragte: ‚Herr Eulering, was machen wir denn, wenn es weiter so schifft?‘ Ich habe es nie vergessen. Er war der Kultusminister, Feingeist, war aber auch ein Junge aus dem Revier. Ich sagte ganz routiniert ‚Herr Minister, der Krisenstab tagt schon.‘ Da war einer beruhigt.
Der Krisenstab bestand darin, dass wir Lehrer gesucht haben, die mit heißem Tee durch die Wettkampfstätten gehen sollten. Was sollte man sonst machen? Ansonsten war das alles durchgeplant und ist gut über die Runden gegangen. Und so hat sich dann das Landessportfest entwickelt und ist heute noch mit ‚Jugend trainiert für Olympia‘ einer der größten Schulsport-Wettbewerbe, die es in der Bundesrepublik gibt.“
„Wir haben immer, wenn das Stichwort ‚Sport‘ ertönte ‚Hier!‘ gerufen. Das brachte natürlich immer mehr Arbeit. Und man musste immer auch Leute finden, die die Arbeit dann mit erledigten. Alles konnte man ja nicht selbst bewältigen.
Ein Ministerium ist ja organisiert in Referaten, Gruppen und Abteilungen und schließlich wurde eine Gruppe Sport gebildet. Wir waren bis dahin Teil einer Gruppe, die in der Weiterbildung und der beruflichen Bildung untergebracht war. Und ich wurde dann als derjenige, der die ganze Arbeit bis dahin zumindest gesteuert hatte, zum Gruppenleiter ernannt. Und von da aus an ging die Arbeit weiter zur Bildung einer Abteilung, die wir dann Ende des Jahres 1979 installieren konnten. In diesem Zusammenhang ist Aktionsprogramm Breitensport ein Stichwort. Die Bildung der Abteilung war im Grunde ein reines Wunder. Schließlich war es in der Landesregierung nicht vorgesehen, dass aus einem Schulsport-Referat oder aus einem Leistungssport-Referat irgendwann mal eine Abteilung würde.“
„Dann kam die Gründung der Sportministerkonferenz und vorher gab es noch die deutsche Sportkonferenz. Der Blick weitete sich dann in diesen Bereichen über Nordrhein-Westfalen hinaus. Und Nordrhein-Westfalen wurde eins der führenden Länder für die Entwicklung des Sports – auch in anderen Bundesländern. Ich erlebte das in der Kommission, dass viele meiner Kollegen immer dann, wenn wir sagten: ‚Das machen wir!‘ Sagten: ‚Ja, wir müssen das noch bei uns im Hause erst mal klären, ob wir das auch machen dürfen.‘ Wir hatten ein gewisses politisches Gewicht. Das wurde auch in die anderen Länder hineintransportiert und gesehen.
Dann habe ich versucht, die Diskussion über einen neuen Goldenen Plan von Nordrhein-Westfalen in Gang zu setzen. Jetzt hat ja der Innenminister Seehofer auch wieder mal einen neuen Goldenen Plan gefordert. So lange sind die Dinge im Grunde schon im Schrank und haben sich dann wiederholt. Ich wurde dann über diese Arbeit im Sportstättenbau Mitglied in der Kommission für Sportstättenbau und Umwelt im Deutschen Sportbund. In der Kommission Sportstättenbau hab ich dann vorgeschlagen, wenn wir schon keinen neuen Goldenen Plan im Westen kriegen, dann machen wir einen Goldenen Plan für die neuen Länder und habe dann das Konzept für einen Goldenen Plan Ost entworfen, der dann vom DSB akzeptiert und verabschiedet wurde. Der Plan hat natürlich am Schluss viele Väter, die dafür gesorgt haben, dass das zu einem Leitbild für die Sportstättenentwicklung in den neuen Ländern wurde.“
„Als Wolfgang Clement Ministerpräsident wurde, kam plötzlich im Landeshaushalt eine Position von 5 Millionen DM an. Die wollte die Staatskanzlei selbst verwalten. Und ich habe in Verhandlungen mit Clement und dem Chef der Staatskanzlei erreicht, dass diese 5 Millionen doch in den Sportetat eingefügt wurden. Und wir hatten plötzlich 5 Millionen DM, um Großveranstaltungen bezuschussen zu können. Die World Games kamen ja dann nach Duisburg, daran haben wir dann auch mitgewirkt. Dass das Ruhrgebiet berücksichtigt wurde, können Sie noch daran sehen, dass bei den World Games eine Stadt wie Bottrop, meine Heimatstadt, mit als Veranstalter tätig wurde. Und natürlich wurde einiges, was da an Leistungssport und Leistungszentren zum Zuge kam, von uns ausgebaut.
Und als dann der olympische Gedanke auftauchte, gab es in meiner Abteilung zwei Gruppen. Die einen waren dagegen, weil sie der Meinung waren, Olympische Spiele nach Deutschland zu holen, wenn wir das real wollen, da gibt es so viele Probleme, und wir Deutschen sind in den internationalen Gremien so dünn vertreten, das schaffen wir nie. Meine Gruppe war der Meinung, so viel Reklame fürs Ruhrgebiet wie mit einer Bewerbung für Olympische Spiele kriegen wir nie wieder auf die Beine. Und ich war dann im Aufsichtsrat und habe daran mitgearbeitet, dass die Entwicklung ‚Olympia ins Ruhrgebiet‘ in Gang kam. Wir haben Rucksäcke mit ‚Olympia ins Ruhrgebiet‘ geschaffen und verkauft. Ich habe sie selbst durch die Alpen getragen. Wir haben das von uns aus voll unterstützt.
Als am Abend vor der Entscheidung ‚Leipzig oder wer?‘ ein Empfang gegeben wurde, kam ein guter Kollege aus dem Sitz zu mir und sagte: ‚Fahren Sie ruhig wieder nach Hause. Das ist längst entschieden. Das geht alles nach Leipzig.‘ Und so lernte man auch wieder etwas über die Vergabe von Olympischen Spielen im Ruhrgebiet kennen.
Was nie geschehen ist, was ich gerne gehabt hätte, wäre eine Analyse, warum diese Bewerbung für das Ruhrgebiet damals gescheitert ist. Eine Ursache ist sicher – man hatte nicht genügend qualifiziertes Personal angeworben. Ich sollte für das Bewerbungskomitee mit der Kommission Kultur des DOSB und der Prüfkommission des NOK ein Gespräch in Leverkusen über Kultur führen. Und dann sollten die Verantwortlichen vortragen. Nach zehn Minuten kam eine sehr gute Bekannte aus dem Ausschuss für Sportstättenentwicklung zu mir und sagte: ‚Herr Eulering, die sind ja überhaupt nicht vorbereitet. Wenn sie nicht hier säßen und leiten würden, dann wären wir jetzt schon nach Hause gefahren.‘ Also es war viel Dilettantismus in der Vorbereitung. Man kriegte Weihnachten eine Karte geschickt: Advent, Advent, ein Kerzlein brennt und so steht Olympia vor der Tür. Damit kann man, glaube ich, nicht ernsthaft für Olympische Spiele werben. Auf dem Niveau war viel, was nicht gelungen ist und was leider für zukünftige Entwicklungen nicht genügend analysiert wurde. Jetzt scheint, soweit ich das jetzt als Rentner und weit von außen betrachten kann, diese ganze Olympiabewegung im Ruhrgebiet ein anderes Niveau zu haben und auch auf einem anderen Sockel zu stehen. Der Ministerpräsident ist ja ein Promoter des Ganzen. Und mit Michael Mronz und seinem Unternehmen ist das auch kommerziell viel mehr abgesichert. Und der Raum Rhein-Ruhr ist auch größer und ausgedehnter, um da weiterzukommen. Ob man je zu Olympischen Spielen in der Region Rhein-Ruhr kommen wird, das weiß ich nicht. Aber es gibt, wie bei der Universiade 1989 überraschende Ereignisse, wo plötzlich die Welt froh ist, wenn sich irgendjemand findet und dann auch bereit ist, so etwas zu machen. Das Ganze vorzuplanen, durchzuplanen und dafür die Voraussetzungen zu schaffen, das wird dem Leistungssport und dem Spitzensport in Deutschland guttun.“