Petra Kremer und Martina Kehrenberg
*1966
Basketball-Nationalspielerinnen des Wuppertal-Barmer TV 1846
Die Zwillinge Pit und Tina führten ihren Barmer TV in den 1990er Jahren serienweise zum nationalen Double und zum bisher einzigen deutschen Sieg im Europapokal der Landesmeisterinnen. Die EM-Dritten von 1997 erfüllten sich 1998 auch den Traum von der WM im eigenen Land.
Kurzbiografien
- Geboren 1966 in Wuppertal als Martina und Petra Kehrenberg
- 1974-1998/2002 Barmer Turnverein 1846 e. V. (BTV; Petra bis 1998, Martina bis 2002)
- 1982 Aufstieg in die 2. Liga (Seniorenbereich)
- 1983 Bundesdeutsche B-Jugend-Meisterinnen
- 1984 Bundesdeutsche A-Jugend-Meisterinnen
- 1985 Aufstieg in die 1. Liga
- 1985 Jeweils Debüt im bundesdeutschen A-Nationalteam (Martina ist mit 226 Einsätzen deutsche Rekordnationalspielerin)
- 1986 Abitur am Gymnasium Sedanstraße in Wuppertal-Barmen (zuvor mit der Schule Gewinn von vier Basketball-Bundesmeisterschaften bei Jugend trainiert für Olympia)
- 1986-1988 Jeweils Ausbildung zur Bankkauffrau
- 1989 Erstmals bundesdeutsche Meister- und Pokalsiegerinnen (Seniorenbereich)
- 1989, 1993 und 1994 Petra: (Bundes-)Deutsche Basketballspielerin des Jahres
- 1992-2002 Elf deutsche Pokalsiege in Folge
- 1993-2002 Zehn deutsche Meisterschaften in Folge
- 1996 Sieg im Europapokal der Landesmeisterinnen
- 1996 Jeweils Auszeichnung mit der Sportplakette des Landes Nordrhein-Westfalen
- 1997 Größter Erfolg des deutschen Nationalteams: Platz 3 bei der Basketball-EM in Ungarn
- 1998 Teilnahme an der Basketball-WM in Deutschland
- 1998 Petra: Beendigung der Leistungssportkarriere als Spielerin
- 1999-2017 Petra: Laufbahn als Spitzenschiedsrichterin im Frauen- und Männerbereich
- 2002 Insolvenz der BTV-Basketballerinnen und Rückzug aus der 1. Bundesliga
- 2003 Martina: EuroCup-Women-Siegerin mit ASPTT Aix-en-Provence (Frankreich)
- 2004 Martina: Beendigung der Laufbahn als Bundesligaspielerin von New Basket `92 Oberhausen
- 2005 Petra: Erste deutsche Schiedsrichterin mit der Lizenz des Weltverbandes FIBA zur Leitung internationaler Spiele
- 2006-2011 Petra: Schiedsrichterin in der Bundesliga der Männer (als zweite Frau nach Silvia Otto, 1974-1982)
- 2008 Petra: Leitung des All-Star-Games der EuroLeague Women (vormals: Europapokal der Landesmeisterinnen)
Petra Kremer und Martina Kehrenberg über …
Martina Kehrenberg (MK); „Unsere Eltern waren unsere Trainer, die waren natürlich ehrgeizig. Da kam schon mal eine Ansage.
Petra Kremer (PK): Unsere Eltern waren auch offen, welche Sportart wir machen. Es musste jetzt nicht unbedingt Basketball sein. Unsere Mutter kam aus der Leichtathletik, sie war Sprinterin und ist in Deutschland vorne mitgesprintet. Unser Vater hat eigentlich immer Basketball gespielt. Aber dem war letzten Endes egal, welche Sportart wir betreiben, zumindest in den Anfängen. Hauptsache ist, dass die Kinder sich bewegen und sozial angebunden sind.
MK: Durch diese körperlichen Vorteile waren wir schon sehr früh auch im Seniorenbereich unterwegs. Damals hat der Jugendwart vom WBV – das ist der Westdeutsche Basketball-Verband – einer Sondervereinbarung zugestimmt, die quasi auf uns abgestimmt war. In unseren Anfängen spielte man erst in der Stadt, dann im Kreis und dann ging es immer weiter bis zur westdeutschen Meisterschaft. Irgendwann wurde dann so eine Meisterschaft eingeführt, wo man wie im Ligabetrieb spielte. Das heißt, jedes Wochenende hatte man Spiele, das konnten unsere Trainer nicht mitverfolgen, weil die selber am Wochenende sportlich aktiv waren. Deswegen haben wir nur die Kreismeisterschaft gespielt. Dort waren wir leider sportlich nicht gefordert. Und um uns zu entwickeln, weil wir physisch schon ganz gut waren in dem Alter gab es dann einen Spielerpass, damit wir mit 13 schon bei den Senioren spielen konnten. Wir haben mit 13 dann schon in der Landesliga mitgespielt. Das war ein absolutes Novum und …
PK: … wir sind aufgestiegen! Wir haben auch damals, um unsere Entwicklung zu fördern, im Kreis mit den Mädels bei den Jungs gespielt. Das fanden die Jungs damals nicht so dolle. Aber wir durften uns dann im Kreis bei den Jungs weiterentwickeln. Da wurde man dann ein bisschen härter rangenommen. Die Mädchen, die hatten keine Lust, gegen uns zu spielen, weil sie leider deutlich verloren haben. Und bei den Jungs war das schon eine sportliche Herausforderung.
MK: Das höchste Ergebnis, nur um eine Größenordnung zu haben, war in Solingen damals 249:9. Da kann man sich natürlich sportlich nicht entwickeln, wenn man so überlegen ist.
Wenn diese Wege nicht für uns bereitet worden wären, dann hätten wir es wirklich schwer gehabt, diese Laufbahn einzuschlagen.
PK: Also die Solinger, die taten einem dann auch schon leid.“
PK: „In den 80er-Jahren war Agon Düsseldorf schon unser Hauptrivale. Aber bevor es überhaupt dazu gekommen ist, habe ich das persönlich schon so empfunden, dass es für mich eine Mannschaft war, die unerreichbar ist. Die waren auch Deutscher Rekordmeister und haben im Europapokal gespielt. Ich weiß noch, dass wir zusammen dahin gefahren sind, um uns ein Europapokalspiel anzugucken. Es waren für uns auch Spielerpersönlichkeiten, die für mich persönlich Vorbilder waren. Ich habe nie gedacht, dass ich da jemals hinkommen könnte. Und dann sind wir in die Bundesliga aufgestiegen. Und im zweiten oder dritten Jahr war dann dieses Duell, wo wir gegen Agon um die Deutsche Meisterschaft gespielt haben. Diese Finalspiele waren hauchdünn, denn Agon war ein absoluter Angstgegner. Aber ich persönlich habe die Auseinandersetzung immer sehr genossen, weil es eine sportliche Herausforderung war. Das war ein ebenbürtiges Aufeinandertreffen. Dass wir sportlich so weit gekommen sind, um uns da überhaupt gegen die vergleichen zu können, das fand ich persönlich schon anfangs sehr interessant.
MK: Agon Düsseldorf war auch während der ganzen Zeit schon im Jugendbereich ein Thema für uns, die hatten natürlich auch gute Jugendarbeit und waren immer unser direkter Rivale. Deswegen war Agon Düsseldorf immer präsent und der Überflieger. Also im Jugendbereich haben wir die auch schon mal geschlagen. Aber eigentlich waren die immer ein kleines bisschen besser als wir.
PK: Unser Angstgegner.“
PK: „Also in der Schule sind wir aufs Gymnasium Sedanstraße gekommen. Damals haben wir wirklich alles mitgenommen, was so angeboten wurde. Wir haben in der Volleyball-AG mitgemacht und dann wollten wir auch mit in die Basketball-AG. Und seinerzeit gab es eine kleine Sporthalle, da musste man klingeln. Und hatten uns erkundigt, wann denn die AG stattfindet. Dann haben wir geklingelt und dann ging die Tür auf. Dann stand da unser Lehrer, der Herr Grammer, er sagte dann: ‚Wie? Mädchen?‘
MK: Das war unser Lateinlehrer.
PK: Er hat dann gesagt, dass wir mitmachen können. Tatsächlich waren dann erst mal nur Jungs da. Und dann haben wir da mitgemacht. Herr Grammer war sehr beeindruckt, was wir in den jungen Jahren schon konnten und dann lief er quasi heiß. Dann machte er daraus eine Schulmannschaft. Und dann hat er uns quasi Mädels aus anderen Sportarten dazugestellt. Die sind dann aber auch hinterher zum BTV gekommen. Wir waren wirklich der harte Kern. Es ist lustig, weil wir uns gerade vor drei Wochen wieder mit einigen Mädchen von damals getroffen haben. Wir haben dann tatsächlich von einem Alter von zwölf bis 18 Jahren gemeinsam mit den Mädels die Jugendklassen durchgespielt. Wir sind mit der Schule viermal Deutscher Meister geworden und haben bei Jugend trainiert für Olympia in Berlin mitgemacht.
MK: Und auch gewonnen!
PK: Wenn wir mal nach Berlin gekommen sind, dann haben wir auch gewonnen, immer abwechselnd mit den Düsseldorfer Mädels.
MK: Wir haben immer noch Kontakt zu den damaligen Mitspielerinnen und Herr Grimmer, unser Lateinlehrer, hat uns zum Beispiel auch eine sehr talentierte Schwimmerin zur Seite gestellt. Die war auch ein allgemeines Sporttalent. Und die hat mit uns beim BTV die ersten Erfolge mitgemacht und es auch bis zur Nationalmannschaft geschafft. Daraus sind dann auch durchaus noch die ein oder anderen Talente geboren worden.“
PK: „In der Regionalliga waren es bei uns alles Wuppertalerinnen. Und hinterher, als wir dann in der zweiten Liga gespielt haben, dann waren das Leute aus Hagen und die Postlerinnen von Post Wuppertal. Das waren dann Spielerinnen wir Bettina Klippert und Petra Engelmann. Wir waren damals noch regional orientiert. Je höher wir gespielt haben desto mehr wurden dann deutsche Top-Spielerinnen dazu genommen.
MK: Dann wurde es richtig professionell. Dann kam ja Bernd Motte zu uns und der hatte richtige Ambitionen. Da haben wir dann richtig leistungsorientiert trainiert. Davor war es eigentlich ambitionierter Breitensport, das muss ich heute rückblickend mal so sagen. Dann haben wir bis zu 13-mal in der Woche trainiert und richtig mit Trainingsplan und mit allem Drum und Dran. Dann war es richtiger Leistungssport.
PK: Bernd hat uns auch erzählt, dass es tatsächlich richtige Laufschuhe gibt, eigentlich lächerlich, aber wir wussten das gar nicht. Mit 16 haben wir unser erstes Paar Laufschuhe bekommen.
MK: Und dann ging es richtig los mit Leichtathletiktraining, Ausdauer-, Kraft- und Athletiktraining. Seitdem wir 16 waren, haben wir richtig Leistungssport betrieben.
PK: Wir sind 1982 in die Zweite Bundesliga aufgestiegen. Die ist tatsächlich auch erst in diesem Jahr eingeführt worden. Da hatten wir noch einen Trainer aus Schwelm, Christian Harde, der hat uns betreut. Und dann haben wir uns direkt im oberen Bereich der zweiten Bundesliga platziert. Da haben wir uns mit Oberhausen um den Aufstieg gekabbelt und sind 1985 dann die erste Liga aufgestiegen. Und der Bernd Motte ist in der Zeit mit Post SV ein Jahr im Oberhaus gewesen und ist dann direkt wieder abgestiegen. Und dann sind wir mit Bernd Motte in die erste Liga aufgestiegen. Der müsste 1984 zu uns gestoßen sein. Und dann wurde das alles viel professioneller, mit einer Amerikanerin am Anfang, hinterher mit zwei amerikanischen Mitspielerinnen.
MK: Erst mal brachte er Wuppertaler vom Post SV mit. Das hat uns schon sehr geholfen, dass die beiden leistungsorientierten Mannschaften zusammenkamen.
PK: Gabi Neumann zum Beispiel.
MK: Gabi Neumann war damals schon eine Nationalspielerin, die war 1,95 Meter groß. Astrid Zumkeller und Bernd Mottes Frau haben auch mitgespielt. Auf jeden Fall kamen einige Postlerinnen dazu und das hat uns schon leistungsmäßig sehr geholfen.
PK: Ulli Rotermund kam auch aus Düsseldorf. Also wir waren doch noch sehr regional orientiert. Und als wir dann im ersten Jahr in der Bundesliga direkt Dritter geworden sind, merkte man schon, dass da Potenzial ist.“
PK: „Wir hatten eine Weltmeisterschaft, das war 1998, wo die Vorrunde in Wuppertal stattgefunden hat. Das war schon spannend. Erstmal Wuppertal als Austragungsort einer Weltmeisterschaft, dann waren wir mit den Wuppertaler Spielerinnen zu sechst vertreten in der Nationalmannschaft. Und meine Eltern waren dann auch im Organisationskomitee. Wir hatten damals drei Spiele in Wuppertal, einmal gegen Australien, gegen Kongo und gegen Kuba.
Der Zuspruch war da, die Halle war gut besucht, sie war nicht ausverkauft, aber es waren auch schöne Spiele. Im Prinzip haben wir den Erwartungen genügt. Wir haben die Vorrunde überlebt, haben erwartungsgemäß gegen Australien verloren. Es war eine nette Atmosphäre in Wuppertal. Natürlich, wenn man als Spielerin bei einer Weltmeisterschaft teilnehmen möchte und dann ausgerechnet in seiner Heimatstadt spielt, ist es auch auf der anderen Seite irgendwie – eine Enttäuschung will ich jetzt nicht sagen, aber man erwartet ganz viel Öffentlichkeitsinteresse, dass man da im Fokus steht, dass man im Fernsehen ist oder ähnliches. Wir hatten eigentlich so utopische Traumvorstellungen. Aber da war damals leider dann doch nicht so ein öffentliches Interesse. Zumindest habe ich es nicht so empfunden.“
PK: „Also unsere Eltern waren beide zusammen Trainer unserer Jugendmannschaft. Die haben uns unsere ganze Jugend über begleitet. Und hinterher ist meine Mutter dann umgeschwungen und hat die Mannschaft betreut, als der Bernd Motte dann Trainer der Damenmannschaft war. Unser Vater war immer mit dabei und ist da im Hintergrund aktiv gewesen. Er ist halt auch beruflich so involviert, dass er da so ein bisschen was gemacht hat im Hintergrund, besonders im organisatorischen Bereich.
MK: Er ist Steuerberater und hat administrativ sehr viel mitgearbeitet und auf die Beine gestellt.
PK: Also der Mann im Hintergrund. Er war der Mann für alles. Er hat auch in der Halle mitgemischt und geholfen, die Banden aufzustellen und zu organisieren.
MK: Es war viel Arbeit für unsere Eltern in der Halle, aber auch zu Hause, was da im Hintergrund alles abgelaufen ist mit Sponsoring, Ansprachen.
PK: Oder die Wohnungsbeschaffung.
MK: Gleichzeitig war unsere Mutter die Abteilungsleiterin für die gesamte Basketballabteilung des Barmer TV. Dann musste sie Spielpläne erstellen, die Trikots besorgen und alles, was es organisatorisch und administrativ auf die Beine zu stellen gilt. Das war unser ganzes Leben, es war bestimmt vom Basketball. Ob jetzt innerhalb oder außerhalb der Halle.
PK: Basketball war immer ein großes Thema im Hause Kehrenberg.“