
Hans-Josef Geiser
*1937
Multifunktionär mit vielfältigem Engagement rund um den Sport im Kreis Heinsberg
Hans-Josef Geiser, geboren 1937 in Ratheim, hat das Sportwesen in seiner Region lange Zeit mitgestaltet. Egal ob im Fußball, dem Brieftaubensport oder dem Stadtsportverband. Über mehrere Jahrzehnte hinweg wirkte er in verschiedenen Funktionen sowohl auf lokaler als auch auf regionaler Ebene und blieb dabei stets seiner Heimat treu.
Kurzbiografie
- Geboren 1937 in Ratheim
- 1950-1957 TV Hückelhoven-Ratheim (Tischtennis)
- 1950-2009 VfJ1912 Ratheim Jugend- und Senioren-Mannschaften (Fußball)
- 1953-heute Geschäftsführer des Brieftaubenvereins „Kehre Wieder“ Ratheim
- 1958-1973 1.Geschäftsführer des VfJ 1912 Ratheim
- 1964-1974 Gründungsmitglied und Beisitzer im Vorstand des Stadtsportverbandes Hückelhoven
- 1965-1996 Beisitzer und stellv. Vorsitzender der Bezirksspruchkammer III des Fußball-Verbandes Mittelrhein
- 1972 Goldene Verdienstnadel Westdeutscher Fussballverband
- 1973-1977 1.Vorsitzender des VfJ 1912 Ratheim
- 1973-1979 stellv. Vorsitzender des Stadtsportverbandes Hückelhoven
- 1977-1993 Geschäftsführer FVM-Fußballkreis Erkelenz
- 1979-2017 Erster Vorsitzender des Stadtsportverbandes Hückelhoven
- 1988 Bundesverdienstkreuz am Bande
- 1995 DFB-Verdienstnadel in Gold
- 2001-2004 und 2007-2008 Vorsitzender des Spielausschusses Fußballkreis Heinsberg
- 2011 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
- 2011 Hückelhovener des Jahres
Hans-Josef Geiser über …
„Wir mussten unsere Heimat Ratheim Ende Januar 1945 verlassen. Solange waren wir noch zu Hause. Dann sind wir geflüchtet nach Neersbroich-Korschenbroich bei Mönchengladbach. Da sind wir bis Ende März geblieben. Nicht bis zum Kriegsende, der Krieg hat ja gedauert bis zum 8. Mai. Aber da waren die deutschen Truppen schon über den Rhein zurückgewichen. Da haben wir natürlich den Krieg richtig erlebt. In Ratheim war ja nicht so viel. Da ist mal eine Granate eingeschlagen oder eine Bombe explodiert. Aber sonst ist nicht viel passiert. Wir haben Glück gehabt. Wir sind dann bei Schnee und Eis mit Pferd und Wagen geflohen. Es waren 50 Zentimeter Schnee, es war ja ein strenger Winter 1944/45.
Ich sagte ja, dass wir einen Bauernhof zu Hause hatten. Wir sind bis Neersbroich. Dort sind wir dann untergekommen bei Bekannten bis Ende März. Dann sind wir wieder mit Pferd und Wagen zurück nach Ratheim.
Die Amerikaner bzw. die Engländer haben wir dann beim Einmarsch in Korschenbroich Anfang März erlebt. Und ja, da haben wir auch Kontakte gehabt. Und ich kann mich noch dran erinnern. Es war noch ein bisschen hektisch. Die vermuteten immer noch, dass deutsche Soldaten untergeschlüpft waren. Woran ich mich auch noch erinnere, ist der große Bombenangriff auf Mönchengladbach im Februar 1945. Da sind ja sehr viele Brandbomben gefallen. Damals ist ja Mönchengladbach zu – ich weiß nicht, wie viel Prozent dem Erdboden gleichgemacht worden.
Wir wurden ja von den Briten beobachtet. Wir durften das Haus bis 18:00 Uhr verlassen. Danach gab es kein Nach-draußen. Da mussten wir drinnen sein. Auch als wir nach Hause gekommen sind, sind wir knapp vor 18:00 in Ratheim angekommen. Die haben uns bis zur Haustüre begleitet. Die haben uns also nicht aus den Augen gelassen. Das wurde dann alles vorgeschrieben. Dort war ein Verwalter eingesetzt. Das war der damalige Pastor in Ratheim. Der war damals provisorischer Bürgermeister von dem Ort. Der hat die Kontakte zur Bevölkerung gepflegt und natürlich zu den Besatzungsmächten.
Wir haben wohl später Fußballspiele gegen die englischen Mannschaften gemacht. Da waren ja mehrere englische Soldaten in deutschen Kasernen. Und gegen diese Mannschaften haben wir gespielt.“
„Man wollte ja als junger Mann alles etwas anders machen als die Alten, zu denen ich heute gehöre, um da die Situation ein bisschen zu verändern. Man wollte Kontakte aufnehmen zu den Spielern und auch zu den Menschen im Umfeld und diese an den Verein heranführen. Ich weiß, dass ich damals sehr viele Mitglieder angeworben habe. Man wollte diese eingefahrenen Dinge ein bisschen verändern. Das war zwar schwer als junger Mann, aber ich habe da immer Unterstützung gehabt. Wir hatten damals einen Vorsitzenden. Der war auch umsichtig. Aber zunächst, als ich die Geschäftsführung übernommen hatte, war da einer, der nicht so umgänglich mit jungen Leuten war. Aber der Nachfolger, das war ein Herr Dr. Kern, ein praktischer Arzt. Mit dem habe ich praktisch den Verein umgekrempelt. Der war dafür zu haben, der war auch damals noch ein junger Mann. Wir haben es auch geschafft, viele Gönner an den Verein heranzuziehen, damit das alles finanziert werden konnte. Wir waren ja in der Landesliga, da wurde damals auch schon bezahlt, aber nicht viel. Wir kriegten damals fünf D-Mark. Nicht, dass Sie meinen, wir kriegten da schon 500 D-Mark. So war das nicht. Aber auch die fünf Mark pro Spiel mussten besorgt werden. Und der Dr. Kern war dafür bereit, neue Wege zu gehen. Einen kleinen Anreiz zu geben, um den Fußball weiter in Ratheim zu fördern. Und das ist uns, glaube ich, auch ganz gut gelungen. Denn an die Zeiten, wenn ich mich heute daran erinnere, als wir alle noch im Amt waren, da war in Ratheim mehr los als heute.
Ich war Mitgründer des Stadtsportverbandes im Jahr 1964.
Das ist angeregt worden am Anfang der 60er-Jahre von einem Lehrer, dem Lehrer Darius. Der war in Ratheim an der Grundschule und war Kreisvorsitzender im Fußball. Und der hat angestoßen: ‚Könnt ihr nicht mal zustande bringen, dass die Hückelhovener Vereine eine Gemeindemeisterschaft austragen, damit der Zusammenhalt mal ein bisschen besser wird in der Großgemeinde?‘
Das sind ja sechs verschiedene Ortschaften gewesen damals, und es sind noch vier dazugekommen, als wir Stadt geworden sind. Ja, das haben wir dann auch geschafft. Wir haben dann eine Gemeindemeisterschaft ausgetragen. Das funktionierte ganz gut und dadurch kamen die Leute aus den verschiedenen Vereinen noch näher zusammen. Und dann hieß es: ‚Wir müssen eine Gemeinschaft machen.‘
Und das haben wir dann auch zustande gebracht. Da wurde damals von jedem Verein ein Vorstandsmitglied zu Besprechungen mit dem Lehrer Darius eingeladen. Und dann haben wir die Gründungsversammlung zustande gebracht. Das war 1964. Mittlerweile kamen noch andere Vereine außerhalb der Fußballvereine dazu: Leichtathletik und was es alles so gab, wie Tischtennis und alles, was an Sport da war, das kam dann zusammen. Schach war damals groß bei uns. Und wir haben dann den Verein gegründet, also den Gemeindesportverband. Damals war das ja noch Gemeindesportverband. Als Hückelhoven Stadt geworden ist, hieß das Stadtsportverband Hückelhoven.“
„Die am häufigsten behandelten Themen in der Spruchkammer waren Spielabbrüche. Das waren die schwierigsten Dinge. Denn mein Vorgänger in der Spruchkammer, der hat schon gesagt: ‚Bei Spielabbrüchen wird am meisten gelogen.‘ Das ist doch Tatsache. Da können Sie ja nichts beweisen, die haben Zeugen. Wenn die Vereine fünf Zeugen haben, dann sagen die fünf Zeugen alle das Gleiche. Die haben sich ja vorher abgesprochen. Ich meine, das kenne ich aus meiner Tätigkeit im Verein. Wenn wir zur Spruchkammer mussten, da trafen wir uns vorher mal kurz: ‚Freunde, hier so und so, passt auf, dass ihr euch nicht verplappert.‘ ‚Nicht, dass der eine das sagt, der andere jenes.‘ Das kennen wir ja alles. Da waren wir ja auch darauf vorbereitet, dass wir das nicht alles geglaubt haben. Und dann waren da natürlich Feldverweise. Wo die Staffelleiter nicht urteilen durften, weil das Delikt zu schlimm war, um mit der normalen Strafe auszukommen. Die wurde da verhandelt. Oder wenn einer den Schiedsrichter oder einen Spieler geschlagen hatte – das kam ja auch vor, nicht so häufig, aber es kam vor. Das waren natürlich die Hauptdelikte. Spielberechtigungsfragen, die gab es auch. Dann musste entschieden werden, ob gewonnen oder verloren.
Was ich so im Gedächtnis habe, die Spruchkammersitzungen. Die häuften sich meistens zum Schluss der Saison, wenn Meisterschaft und Abstieg entschieden wurden. Dann gab es am häufigsten die Spielabbrüche und auch diese sonstigen Vergehen, bei denen die Schiedsrichter beleidigt oder geschlagen werden. Die Schiedsrichter werden ja oft beleidigt. Das habe ich festgestellt. Am Anfang der Saison war das alles weniger. Aber zum Schluss der Saison, ich sage mal in der Rückrunde, da wurde das am schlimmsten. Sonst hatten wir drei, vier Sitzungen im ersten Halbjahr, aber im zweiten Halbjahr verdoppelte und verdreifachte sich das.“
„Es sind in Hückelhoven mehrere Sport- und Turnhallen gebaut worden, weil die aus allen Nähten platzen und die Vereine keine Möglichkeit mehr hatten, um Hallensportarten durchzuführen bzw. zu trainieren. Da hat sich also einiges getan. Da sind zwei große Sporthallen gebaut worden, in Hückelhoven und in Ratheim, und später noch mal eine Stadionsporthalle am Hückelhovener Stadion. In Hückelhoven ist an anderer Stelle ein neues Stadion gebaut worden. Mittlerweile gibt es nochmal ein neues. Da mussten die alten Sportplätze weichen. Da ist jetzt voriges Jahr ein neues Stadion eröffnet worden mit Leichtathletikanlagen. Also da hat sich sehr vieles getan. Auch in anderen Ortschaften sind Kunstrasenplätze gebaut worden. Das neue Stadion hat auch Kunstrasen, Ratheim hat Kunstrasen, Hückelhoven-Baal und Brachelen auch. Es sind mittlerweile 3-4 Kunstrasenplätze bei uns gebaut worden. Wir hatten immer diese schlimmen Aschenplätze. Da haben wir immer dagegen gewettert. Und als dann die Kunstrasenplätze hier im Kölner Bereich etwas früher gebaut wurden, sind wir dann hellwach geworden. Haben dann mal gefragt und uns schlau gemacht: Was kosten die Kunstrasenplätze und was kosten diese Aschenplätze an Unterhaltung? Aschenplätze müssen ja unterhalten werden, die Kunstrasenplätze ja nicht so viel. Ja, und dann hat man später aufgrund unserer Initiative vom Stadtsportverband eingesehen, dass das eine lohnende Sache ist und vor allen Dingen für die Sportler angenehmer. Da sind wir bis heute sehr stolz drauf. Es kommen auch noch mehr Kunstrasenplätze dazu, da bin ich von überzeugt. Wir haben nämlich noch ein oder zwei Aschenplätze in unserer Stadt und die müssen weg. Das ist also das Allerletzte, auf Asche zu spielen. Ich habe heute noch Asche hier in meinem Schienbein. Da bin ich mal rübergerutscht, die hängt da noch richtig drin. Also das sind so blaue Striemen hier. Da hat mich einer bei einem Fußballspiel umgetreten. Dann bin ich durch die Asche geflogen und dann ist da was haften geblieben.
Der Rasenplatz damals beim VfJ Ratheim war schon Luxus – das kann man so sagen. Damals waren ja noch mehr Aschenplätze bei uns. Wir hatten einen Zweitplatz als Aschenplatz. Da war zuerst Rasen und in der Mitte, wo viel gespielt wird, da war dann Asche, und das war auch nicht angenehm.
Und Hückelhoven hatte nur einen Aschenplatz. Das war das Allerschlimmste. Wir bei uns in Ratheim, wir konnten ja wählen. Wir konnten auf den kleineren Platz gehen. Der hatte zwar die normale Größe, die er haben musste, um Meisterschaftsspiele zu machen, aber wenn große Gegner kamen, dann gingen wir schon mal gerne auf den Halb-Asche-Halb-Rasenplatz. Das haben die nicht vertragen. Wir konnten da gut drauf spielen. Wir trainierten da ja, da wurde schon getrickst.“
„Als Vorsitzender des Spielausschusses haben Sie die gesamte Leitung des Fußballgeschäfts zu machen. Alle Spielleitungen, die Spiele ansetzen, die Spielpläne machen, die Spiele zum Teil besuchen. Ich bin ja nachher zum Mittelrhein gekommen. Da war ich immer zweimal im Monat sonntags zu Spielen unterwegs und musste beobachten, was da vorkommt, ob der Schiedsrichter nicht belästigt wird und so. Das musste ich dann alles berichten. Und ja, das habe ich dann bis 2004 gemacht. 2001 ist der neue Fußballkreis Heinsberg gegründet worden. Aus drei Fußballkreisen wurde einer. Und dann habe ich da, um das in den Gang zu kriegen, noch mal die Leitung übernommen bis 2004 und nachher noch mal 2007 bis 2008. Das war sehr viel Arbeit. Sie müssen die Spielberichte auswerten und Strafen aussprechen. Jetzt habe ich ja meine Staffelleiter. Aber ich habe früher alles alleine gemacht. Das können Sie ja nicht. Im Fußballkreis Heinsberg haben wir eine A-, drei B-, drei D- und drei C-Jugenden. Das sind ja zehn, zwölf Staffeln. Da sind dann Staffelleiter eingeteilt. Die führen dann diese Dinge auch in Eigenständigkeit durch. Nur wenn irgendwelche Beschwerden kommen, kommen die an den Vorsitzenden zurück. Und wenn die Staffelleiter Fragen haben, wenn sie sich nicht schlüssig sind, welche Strafe sie geben sollen, dann rufen sie den Vorsitzenden an, da wird abgestimmt und dann wird eine Strafe festgelegt.
Es können Konflikte entstehen, wenn zwei Vereine auf einem und demselben Platz spielen. Dann muss man gucken, dass die Spiele auseinanderdividiert werden. Ist aber kein Problem. Da gibt es sogenannte Schlüsselzahlen. Ich weiß nicht, ob Sie schon mal was davon gehört haben. Jeder Verein kriegt vor der Saison eine Schlüsselzahl, wenn die Spielpläne erstellt werden. Eins bis 16, wenn 16 Vereine drin sind. Und da gibt es einen Plan für die 16 Spiele. Das Spiel eins gegen zwei, zwei gegen 16 und so, das regelt sich. Dann können Sie den Vereinen, die auf einem Platz spielen, zwei verschiedene Zahlen geben. Wo der eine auswärts ist und der andere zu Hause, und dann klappt das. Also wenn man es weiß, dann ist es einfach. Aber man muss es zuerst mal lernen. Das ist jedenfalls eine interessante Sache.“