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Autor: Niklas Hack

Klaus Balster

Klaus Balster

Klaus Balster

*1950
Multifunktionär und Anwalt des Kinder- und Jugendsports

Der talentierte Fußballer Klaus Balster gestaltet seit den 1980er-Jahren in diversen Ämtern und Institutionen NRWs den Kinder- und Jugendsport. Zahlreiche Publikationen und Handreichungen sollen es Lehrkräften, Pädagogen und Trainern ermöglichen, Bewegung im Kindesalter zu fördern.

Kurzbiografie

  • Geboren 1950 in Bochum
  • 1968 A-Jugend Westfalenmeister mit Westfalia Herne
  • Ab 1971 Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln
  • 1978 Erwerb Diplom-Pädagogik
  • 1981 Dissertation in den Erziehungswissenschaften (Schwerpunkt Psychologie) und Referendariat als Sonderpädagoge
  • 1981-2009 Sonderpädagogische Lehrkraft in Herne
  • 1981-2009 Fachberater für den Schulsport im Regierungspräsidium Arnsberg
  • Seit 1981 div. Ämter und Initiator zahlreicher Projekte im Stadtsportbund Herne
  • 1981-2022 div. Ämter und Initiator zahlreicher Projekte im Fußball und Leichtathletik Verband Westfalen
  • 1990-2018 div. Ämter und Initiator zahlreicher Projekte in der Sportjugend NRW
  • 1997-2018 div. Ämter und Initiator zahlreicher Projekte im LSB NRW
  • 2000-2009 Regionalberater der Bezirksregierung Arnsberg für den „Kompensatorischen Sport“
  • Seit 2000 Initiator zahlreicher Positionspapiere und Fachtagungen im DSB, DOSB
  • 2019 Verdienstkreuz am Bande

Klaus Balster über …

  • … Kindheitserinnerungen an die DJK Adler Riemke in Bochum

    Wir hatten im Straßenbereich eine kleine Fläche, wo wir selbst Tore aus Holz bauten. Erst waren es nur Stangen, hinterher haben wir auch mal eine Querlatte gehabt, weil da irgendein Vater einen Nagel reingestemmt hat, sodass wir auch eine Latte hatten.
    Wir haben sogar, was heute undenkbar ist, Seniorentraining in Fußballvereinen beobachtet, obwohl die Mannschaften gar nicht in oberen Ligen spielten.
    Warum hat mir der Verein so viel gebracht? Ich hatte das Glück, im Schüleralter die DJK kennenzulernen. Und die Deutsche Jugendkraft hat mir eigentlich alles das ermöglicht, was nachher mein Sinnempfinden bezüglich des Sports war. Im ersten Verein, da gab es nur Fußball, vielleicht eine Fahrt zu einem auswärtigen Verein, aber bei der Deutschen Jugendkraft war es so, da lernte ich dann auf einmal andere Sportarten kennen: Tischtennis, Basketball, Handball. Wir sind weggefahren, wir hatten Auslandaufenthalte, ich wusste gar nicht, dass es bis dahin ein Ausland gab, so in Anführungsstrichen.
    Aber es war eine tolle Zeit, weil wir viel gemacht haben und weggefahren sind. Wir waren froh, wenn man dann auf einmal bis Witten gefahren wird. Von Bochum nach Witten ist ja nicht allzu weit, dann war das schon eine Reise, das war ein Erlebnis. Wenn man dann am Wochenende irgendwo in der Jugendherberge war – einfach toll diese Zeit. Weil man vielleicht auch nichts anderes kannte. Das muss man auch sagen, denn wir hatten noch im Anfang des B-Jugend-Jahrganges noch gar kein Fernsehen. Von daher zentrierte sich alles nach draußen. Auch das Spielen fand draußen statt.
    Aber es war wunderschön und die schönste Erinnerung, die ich heute noch gerne erzähle, war folgende: Ich hatte dann die Möglichkeit, als Vierzehnjähriger in der Tischtennis-Seniorenmannschaft zu spielen. Und warum war das so schön? Weil es jedes Mal ein Erlebnis war, denn wir spielten in Kneipen. Und in diesen Kneipen wurden dann zwei Tische aufgestellt, in irgendwelchen Räumen, wo man sich sonst zu Hochzeiten oder Beerdigungen traf. Die waren ja nicht so großräumig. Man stand also mit dem Rücken zur Wand. Wenn dann ein Gast von der Theke zur Toilette musste, dann unterbrachen wir immer das Spiel. Das waren also wunderbare Erlebnisse. Was hat mir der Sport gebracht? Ganz viel! Weil ich diese anderen Erlebnisse des wirklichen Alltags kennengelernt habe. Die bleiben in Erinnerung. Das sind so großartige Erinnerungsinseln, wo ich dann sage: ‚Mensch toll!“

  • … Anfänge bei Westfalia Herne

    „Im Jugendalter war es so, dass ich dann nur noch kurze Zeit bei DJK Adler Riemke spielte. Ich habe dann immer noch ein bisschen Tischtennis mitgespielt – Fußball sowieso. Aber wie gesagt, auch Basketball und Handball im ersten Jugendjahrgang, dann habe ich einen Ruf bekommen. Westfalia Herne, die Jugendabteilung war der Meinung: Der könnte vielleicht bei uns ein bisschen reinpassen. Und dann bin ich im ersten A-Jugend-Jahrgang gewechselt. In der B-Jugend war ich noch bei Adler Riemke und habe da auch gespielt. Wir hatten nachher gar keine B-Jugend mehr. Das war dann nur noch eine Mannschaft. Eigentlich war es die Jugendmannschaft und dann durchsetzt von 15 bis 18-Jährigen.  Ab  der B-Jugend kannte ich nur noch den Sportverein und Schule.
    Danach spielte sich alles ab der A-Jugend bei Westfalia Herne ab. Wir haben dreimal in der Woche trainiert. Und der Erfolg gab uns ja recht. Wir sind 1968 A-Jugend Westfalenmeister und zweiter bei der Westdeutschen Meisterschaft geworden. Damals gab es noch gar keine deutsche Meisterschaft. Wobei die erste Mannschaft damals schon in der 2. Liga spielte. Das war ja von 1963 bis 1974 die Regionalliga West. Danach wurde das ja erst gesplittet mit der 2. Bundesliga- Nord und -Süd. Ich war sehr froh, dies alles erleben zu dürfen!“

  • … sein Studium in Köln und erste Einblicke in den Schuldienst

     „Die Sporthochschule bot 1971 ein Schnell-Studium zum staatlich geprüften Sportlehrer an. Ich hatte damals noch darauf gesetzt, Fußball längere Zeit in der zweiten Liga zu spielen und parallel als Sportlehrer zu wirken, um noch ein bisschen Geld zu bekommen. Das habe ich dann gemacht. In der Sporthochschule gab es damals ein Auswahlverfahren, das ich nach wie vor sehr kurios fand, weil die mehrtägige Aufnahmeprüfung für diesen Schnell-Lehrgang zum staatlich geprüften Sportlehrer bestand nämlich als Erstes da drin, einen Intelligenztest zu machen. Ich fand das genial. Ich habe mich nur gefragt: Warum machen die erst einen Intelligenztest, bevor man dann eine Aufnahmeklausur schrieb? Und dann erst wurde die Vielfalt der Sportarten als Aufnahmekriterien abgerufen. Im Laufe des Studiums habe ich gedacht, ich brauche ein Bein beim Fußball und ein stabiles Standbein im Beruf, etwa in der Schule. Diese Gedanken habe ich dann auch 1973 umgesetzt und begann an einer Schule in Hattingen. Hier suchten sie Sportlehrer. Und hier habe ich dann auch meinen Eingang gefunden für Sonderschulen, so hießen diese damals noch. Man fragte mich, ob ich Lust hätte, an eine Sonderschule zu gehen und dort den Sport aufzubauen. Da gab es gar keinen qualifizierten Sport. Das habe ich dann gerne gemacht, habe dann aber schnell erkannt, ich muss doch noch mal ein richtiges Lehramt studieren und vielleicht auch noch mal ein Diplom nachschieben. Und das und jenes noch. Und so ist dann eigentlich die Karriere weiter gegangen. Ich habe im Jugendbereich schon begonnen eine D-Jugend zu betreuen. Und da war ich dann schon immer interessiert, möglichst alle zu integrieren und mitspielen zu lassen. Denn in meinem Schüleralter, da spielten nur die, die aufgestellt wurden. Und der Rest war dann raus. Das war damals so. Da konnte man gar nicht auswechseln. Dann haben Verletzte noch in Mannschaften bis zum Schluss mitgespielt – also unsinnige Regelung im Gegensatz zu heute. Heute ist es ja eine tolle Welt, dass man auswechseln und die Potenziale der Kinder abrufen kann. Also so kommt es, dass ich sehr früh Zugang zur Schule, insbesondere zu einer Sonderschule für Lernbehinderte, fand. Ich bin sehr froh, für diesen Lebenslauf.“

  • … das Curriculum – Eine Frage der Perspektive

     „In der Sonderschule war ich auch Klassenlehrer, denn das Prinzip in der Sonderschule ist ein Klassenlehrerprinzip. Ich habe dann natürlich ein Teil Sport gemacht, aber auch als Klassenlehrer Deutsch und Mathematik unterrichtet, und auch weitere Fächer. Ich habe  häufig Anfängerschwimmen unterrichtet, weil wir kaum ausgebildete Personen hatten. Das geht teilweise bis heute, dass die Schulen gerade in den jüngeren Jahrgängen darunter leiden. Mein Blick im Sportunterricht ging vom Kind aus. Ziel war es also, einen vom Kind/ Jugendlichen aus orientieren Plan zu entfalten. Dies hieß im Sportunterricht der 81er Richtlinien, die Auswahl der Sportbereiche mit ihren Sportarten vom Schüler/ von der Schülerin aus zu denken und nicht umgekehrt. Leider konnte ich beobachten, dass die verbindlichen, alternativ- und zusätzliche Einheiten häufig der Ausgangspunkt von Unterrichtsplanung waren. Mein Ansatz war also erst auf das Kind zu gucken, was sie für Interessen und Bedürfnisse hatten. Also ich habe nicht in erster Linie genommen, was das Curriculum sagt, sondern ich habe mir das angesehen: Was sagen die Interessen und Bedürfnisse meiner Lerngruppe? Was möchten und können sie? Und wenn diese dann eben in einem verbindlichen Bereich große Schwierigkeiten haben, dann habe ich nachgesehen: Gibt es andere Alternativen, die sie leisten wollen und können.  Ich habe damals darauf geachtet, möglichst immer einen ganzheitlichen Rahmen zu schaffen und nicht nur eine Sportart anzubieten. Dieses Prinzip habe ich nach meiner ersten Sportausbildung in Köln dann auch als Trainer berücksichtigt und immer darauf geachtet, auch mal etwas anderes zu machen und nicht nur Fußball zu spielen. Ich bin sicher, dies war stets der richtige Weg!“

  • … die Kooperation Schule und Verein

    „Wir haben das Jahr des Schulsports 1999/2000 gehabt. Und das ist deshalb auch noch so bedeutsam, weil es da neue Schulrichtlinien für den Sport gab. Mit den neuen Richtlinien und Lehrpläne sollte der Doppelauftrag Entwicklungsförderung durch Bewegung, Spiel und Sport und Erschließung der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur  mithilfe pädagogischer Perspektiven entfaltet werden. Dies hieß, siehe dir erst einmal die pädagogischen Perspektiven an.  Was hilft, den pädagogischen Auftrag des Schulsports zu erfüllen? Wie beispielsweise verbessert man die Wahrnehmung, wie fördert man die Gesundheit? Dann erst wurde gefragt, welche Inhaltsbereiche helfen dabei. So wurde ab 1990 gerade der Gesundheitsaspekt noch stärker in den Fokus gestellt. Ich halte das für genial, dass das so gemacht wurde.
    Im Übrigen unabhängig von der Kamera, 1990 durfte ich die Auftaktveranstaltung moderieren, also auch die Inhalte aussuchen und auch Kurzfilme machen. In Herne war diese damals. Und mit Herrn Schwier noch als Kultusminister oder Sportminister. Das war natürlich schön und erlebnisreich. Die 81er Richtlinien und Lehrpläne waren noch sehr davon geprägt, von verbindlichen und alternativ verbindlichen Sportbereichen und Sportarten den Unterricht aus zu gestalten und  Schüler und Schülerinnen für den Sport zu begeistern. Bei Gegenüberstellung der Richtlinien kann man sagen, dass mit den 2000er Richtlinien  noch stärker die Verbundenheit zum außerschulischen Bereich, insbesondere zu den Sportvereinen, betont wird. Dies spürte ich auch in meinem Ehrenamt beim LSB und der SJ NRW. So hat der organisierte Sport das Jahr des Schulsports 1999/2000 entscheidend mitgetragen. Als starker Partner des Schulsports hat der LSB mit seiner Sportjugend sich klar zur Kooperation Schule –Verein positioniert. Beispielsweise in der Siegener Erklärung zum Schulsport, die ich damals dann in Siegen vortragen durfte – darum Siegener Erklärung. Herr Clement war der Ministerpräsident zu diesem Zeitpunkt und anwesend. Das war dann auch der Ausgangspunkt, dass der LSB/SJ sehr aktiv wurde. So entstanden u.a. ein „Orientierungsrahmen Schulsport“; ein „Aktionsprogramm zur Förderung der Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen in NRW“, eine Planungshilfen für Vereine „Lobby für den Schulsport“, ein „Ratgeber zur Kooperation von Vereinen und Schulen im Sport“, ein „Positionspapier zum Schulsport“ und ein Qualitätsmanual „Bewegung, Spiel und Sport“, „Sport im Ganztag“. Wir waren in vielen Gremien mit unseren Partner aus den Ministerien und dem Städtetag beteiligt. Wenn Sie meine Vita einmal gesehen haben, meine ehrenamtliche Vita, an welchen Gremien ich beteiligt war und auch Vorsitzender war, so haben wir viel entwickelt und einen hohen Stellenwert erzielt. Die Zusammenarbeit mit Walfried König und auch Rolf-Peter Pack, vom zuständigen Ministerium, war sehr intensiv und konstruktiv. Der organisierte Sport setzte also stets eigene Akzente zum Thema und Probleme angesprochen und Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen und vielerorts in der Praxis umgesetzt. Unser Kern war stets, die individuelle Persönlichkeitsentwicklung von Kindern in Sportvereine zu fördern. Wir versuchten Wege aufzuzeigen, wie Kinder und Jugendliche Wege in den Verein finden. Ich glaube, es ist uns vielerorts gelungen! Ich bin sehr glücklich, dazu beigetragen zu haben“

Von Bahnen und Brausen, Toren und Trikots

Klaus Balster – Freude am Tun

Die Lobby für Kinder

Anerkannte Bewegungskindergärten

Genese des Landessportfests für Förderschüler


Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format:

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Wilfried Cleven

Wilfried Cleven

Wilfried Cleven

*1943
Langjähriger Dezernent der Stadt Mülheim an der Ruhr, Leiter des Sport- und Bäderamtes sowie des Mülheimer Sportbundes

Wilfried Cleven hielt in 50 Dienstjahren die Treue zur Stadt Mülheim an der Ruhr. Zwischen 1964 und 2021 fungierte er in mehreren Positionen in den Diensten der kommunalen Sportpolitik. Unter anderem förderte er die Kooperation zwischen öffentlicher Sportverwaltung und Sportselbstverwaltung.

Kurzbiografie

  • Geboren 1943 in Winterberg
  • 1958-1961 Ausbildung bei der Stadtverwaltung Mülheim an der Ruhr
  • 1964-1991 Sport- und Bäderamt: Sachbearbeiter, Abteilungsleiter, Amtsleiter
  • 1964-2021 diverse Funktionen im Vorstand des Mülheimer Sport Bundes
  • 1967-1970 Berufsbegleitendes Studium, Dipl.-Verwaltungswirt
  • 1972 Führungsstab der Abteilung zur Koordination des Organisationskomitees für die XX. Olympiade in München
  • 1973-1974 Mitglied Projektgruppe „Bildungsentwicklunsplan“ der Stadt Mülheim an der Ruhr
  • 2021 Silberne Ehrennadel des LSB
  • Seit 2021 Ehrenvorsitzender des Mülheimer Sport Bundes

Interview-Ausschnitte

  • … die Vergabe von öffentlichen Sportstätten

    „Die Zuordnung der Trainingsstunden und Wettkampfstunden, die die Vereine brauchten, das war mein Aufgabenbereich. Und das war einer der Schwierigsten. Denn es allen recht zu machen, ist wirklich nicht einfach. Auch heute noch sehe ich das manchmal so, dass man schon überlegen muss: Wie viele Stunden braucht der Verein? Was braucht er, um den Nachwuchs zu fördern? Was braucht die Sportart? Die Vergabe von Sportstätten ist eine der schwierigsten Aufgaben gewesen. Und wenn wir Neue gebaut hatten, dann war das natürlich schön, dass man was vergeben konnte. Aber ich sage mal, bis man dann auch alle Vereine so eingeordnet hat, dass sie alle gerecht behandelt wurden, das war immer schwierig.
    In den 60er-Jahren war der Auftrag in erster Linie die Vergabe der Sportstätten, und dann kam hinzu, dass also die Mittel, die zur Bewirtschaftung der Sportstätten, die tatsächlich im Etat standen, natürlich nicht immer ausreichend waren. Die Sportstätten kamen ja auch schon in die Jahre, nämlich die älteren Sportstätten, die mussten ja unterhalten werden. Dann kamen Neubauten hinzu. Also es war schwierig, immer den Finanzbedarf zu bekommen, den man dann brauchte, um hundertprozentig die Sportstätten auszustatten, die Bäder vor allen Dingen. Aber man hat es immer irgendwie geschafft. Und man hat natürlich mit den Vereinen dann auch reden müssen. Und es gab ja auch Vereine, die sehr viele vereinseigene Sportanlagen hatten. Und die Schwierigkeit lag darin, wenn sie keine städtischen benutzen konnten, mussten sie eigene haben oder bauen. Und wie finanzieren die diese Sportanlagen? Und wir waren der Auffassung – die haben die Stadt von der Verpflichtung, Sportanlagen zu bauen, ja im Grunde genommen entlastet. Und deshalb müssen sie auch einen gewissen Obolus dafür bekommen für die Unterhaltung der Sportanlagen. Das haben wir dann durchgesetzt. Also wir haben Betriebskostenzuschüsse dann eingerichtet, sodass die Vereine, die vereinseigene Sportanlagen hatten, auch die vernünftig unterhalten können.“

  • … sein Handlungsfeld zwischen öffentlicher Sportverwaltung und dem Mülheimer Sportbund

    „Ich hatte den Vorteil, von 1964 an auch im Mülleimer Sportbund Funktionen einzunehmen. Ich habe als Schriftführer begonnen und bin dann auch stellvertretender Vorsitzender geworden und irgendwann Vorsitzender in den späteren Jahren. Soweit das nicht zu ihm Interessenskonflikten führte, als Dezernent oder als Amtsleiter. In der Zeit war ich dann beratendes Mitglied. Aber vorher schon 1964 war ich also Vorstandsmitglied. Und habe dann die Strukturen des Sports auf beiden Seiten kennenlernt. In der öffentlichen Sportverwaltung, aber auch in der Sportselbstverwaltung. Und diese Kontakte, die man dann überörtlich bekam, Sport im Deutschen Städtetag oder im Städtetag Nordrhein-Westfalen oder Arbeitsgemeinschaft der deutschen Sportämter. Und auf der anderen Seite Landessportbund, Deutscher Sportbund, so hieß er damals. Heute ist es der Deutsche Olympischer Sportbund. Das waren die Gremien, mit denen ich dann auch zu tun hatte. Und ich habe dann auch diese Veranstaltung regelmäßig besucht, und das hat mich natürlich in dem Wissen um den Sport und die Sportentwicklung geprägt.
    Am wichtigsten waren die Gespräche oder die Sitzungen, die wir geführt haben, im Deutschen Städtetag und im Nordrhein-Westfälischen Städtetag. Im Sportausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen und Sportausschuss in der Bundesrepublik, da war ich Mitglied und insbesondere, was die operative Arbeit angeht, in der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Sportämter. Da haben wir sehr intensiv uns abgestimmt und hatten natürlich die ganze Bandbreite des Sports in Deutschland vor Augen. Und da lernt man natürlich sehr viel kennen. Man hat gute Beispiele aus anderen Städten dann mitgenommen oder konnte eigene gute Beispiele einbringen. Und dieser Gedankenaustausch war sehr wichtig.“

  • … die 1970er-Jahre als Zäsur für die Sportentwicklung

    „In den 70er-Jahren hat sich sehr viel im Bewusstsein des freiwilligen oder des selbstverwalteten Sports ergeben. Das haben wir also gemerkt im Vorstand. Damals hieß er noch Stadtverband für Leibesübungen. Irgendwann haben wir dann einen Mülheimer Sportbund daraus gemacht. In diesen Bereichen haben wir sehr eng zusammengearbeitet. Das war mir damals sehr wichtig. Das also der selbstverwaltete Sport und der öffentliche Sport einheitlich agierten in dieser Stadt. Und durch handelnde Personen ist das auch erreicht worden. Und das war das Schöne, dass wir nicht gegeneinander gearbeitet haben und immer miteinander gearbeitet haben. Und das ist auch heute noch so. Durch einen Kooperationsvertrag und den Pakt für den Sport und Sport Förderungsrichtlinien, die abgestimmt sind zwischen den beiden Bereichen und von der Politik auch gebilligt werden, macht das Arbeiten dann sehr viel Spaß, wenn man zusammenarbeitet. Und ich glaube und dazu stehe ich, man kann noch so gute Strukturen im Sport haben, es ist wichtig, sie auszufüllen durch Zusammenarbeit. Richtlinien und Verträge sind gut, aber die handelnden Personen müssen sich verstehen, um dann wirklich etwas zu erreichen und die Ziele so umzusetzen, wie man es möchte.“

  • … das Haus des Sports in Mülheim an der Ruhr

    „Es war so, dass wir das Haus des Sports bauen wollten. Und dann haben wir natürlich beim Land gefragt: ‚Ist das förderungsfähig und möglich? Dann ergab sich der glückliche Zufall, dass der Deutsche Badminton-Verband und der Landesverband im Badminton Nordrhein-Westfalen eine Unterkunft brauchten. Und dann haben wir gesagt: ‚Ja gut, wenn wir das Haus des Sports in Mülheim bauen können mit Zuschüssen des Landes und des Bundes, dann würden wir diese beiden Einrichtungen, diese Organisationen dort auch unterbringen.‘ Und das hat letztlich dazu geführt, und da hat Johannes Eulering uns sehr unterstützt und geholfen, dass dies in Mülheim umgesetzt werden konnte. Und das ist heute immer noch ein herausragender Meilenstein der sportlichen Entwicklung in unserer Stadt. Heute sind der Deutsche Badminton-Verband und der Badminton-Landesverband noch unsere Mieter im Haus des Sports. Und wir haben für den Nachwuchs ein Internat dort eingerichtet.“

  • … Haushaltskonsolidierungen und Lösungswege in den 80er- und 90er-Jahren

    „Wir waren in den 80er- und 90er-Jahren überwiegend damit beschäftigt, Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen zu erfinden und umzusetzen. Und wir haben das tun müssen mit Vorgaben. Das mussten alle Fachbereiche in der Verwaltung. Alle Querschnittsaufgaben mussten einsparen, weil die Mittel einfach nicht mehr da waren. Wir haben aber dafür gesorgt, das war das Motto, was wir hatten: ‚Nicht sparen am Sport, sondern durch Sport.‘ Denn das, was der Sport leistet, trägt auch dazu bei, dass man Gesundheitskosten vielleicht nicht in dem Maße hat. Und nach dem Gesichtspunkt sind wir vorgegangen und haben uns dann auch bei den Etatberatungen mit dieser Maßgabe durchgesetzt.
    Wir haben aber Vorschläge gemacht zu Einsparungen, indem wir die Schlüsselverantwortung eingeführt haben. Die städtischen Sportanlagen wurden dann plötzlich nicht mehr von städtischen Mitarbeitern teilweise bis in den Abendstunden belegt. Sondern die Vereine bekamen eine Schlüsselverantwortung, konnten dann die Einrichtungen nutzen. Das hat viel Geld eingespart, Personalkosten insbesondere. Und wir haben viele Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung gemacht. Es ist nicht so weit gekommen, dass darunter der Sport insgesamt so weit gelitten hätte, dass er nicht mehr umsetzbar war. Die Vernunft der Politiker hat das dann auch letztlich gewertet, die wichtige Aufgabe, die der Sport zu erfüllen hat. Das ist auch heute noch so. Und heute ist es als Grundlage, als Planungsgrundlage so, dass wir einen Pakt für den Sport haben und einen Kooperationsvertrag. Dort sind Mittel festgelegt, auf die man sich verlassen kann, die dann auch über einen Fünfjahreszeitraum dann vereinbart werden und dann eine Planungssicherheit beinhalten. Und das ist für die Vereine wichtig, aber auch für die Kommune wichtig und auch für den örtlichen Sportbund wichtig, solche Voraussetzungen zu haben.“

Arbeit unter Siegfried Perrey an den Olympischen Spielen 1972

Der integrative Sportentwicklungsplan der Stadt Mülheim

Die Umwandlung des Sport- und Bäderamtes

Berufsweg zum Sportdezernenten

Der gesellschaftliche Höhepunkt in Mülheim


Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format:

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Rudi Schwietering

Rudi Schwietering

Rudi Schwietering

*1952
Mehrfacher paralympischer Medaillengewinner

Mit 17 Jahren verlor Rudi Schwietering sein rechtes Bein bei einem Arbeitsunfall. Noch am Krankenbett wurde er Mitglied der Versehrtensportgemeinschaft Gelsenkirchen. Als Volleyballer gewann Schwietering drei Mal in Folge paralympisches Gold.

Kurzbiografie

  • Geboren 1952 in Gelsenkirchen-Schalke
  • Studium zum Betriebswirt Fachhochschule Detmold
  • Seit 1970 Mitglied der Versehrtensportgemeinschaft Gelsenkirchen e. V. (VSG)
  • 1975-1998 International aktiver Spieler (Volleyball)
  • 1988 Seoul, 1992 Barcelona, 1996 Atlanta Gold- Paralympics
  • 1987 und 1989 Silbermedaille für den Behindertensport
  • 1993 und 1996 Silbernes Lorbeerblatt

Rudi Schwietering über …

  • … seine Kindheit auf Schalke

    „Ich bin 1952 in Gelsenkirchen-Schalke geboren, in einem Wohnbereich, der sehr schlicht war. Kein fließendes Wasser in der Wohnung, Telefone, so etwas kannten wir noch nicht. Dieses Wohnumfeld betraf also wirklich nur die untere Arbeiterschicht. Mein Vater war einfach nur kleiner Arbeiter bei Küppersbusch. Da bin ich dann groß geworden und durch die Nähe zu Schalke 04 natürlich ganz stark und war mit jungen Jahren schon der Glückauf-Kampfbahn verbunden. Das waren so zehn Fußminuten von uns. Von daher ein sportlicher Kontakt in der Richtung. Ansonsten, wie damals natürlich üblich, spielten alle Kinder Fußball. Ein Nachbar mittleren oder späteren Alters war dann auch Fußballtrainer, der uns dann auch entsprechend mitgenommen hat. Und mangels vorhandener hygienischer Möglichkeiten in diesem Wohnumfeld war ich natürlich sehr früh auch Mitglied im Schwimmverein. Und dann waren der Schwimmsport und Wasserball so mein erster sportlicher Einstieg in den Bereich aktiver Sport.
    In dem Zeitraum gab es natürlich wenige Möglichkeiten. Halden, wie man sie heute kennt, waren gerade in Alt-Gelsenkirchen überhaupt nicht vorhanden. Spielmöglichkeiten gab es im Hinterhof. Da spielte man. Es gab natürlich auch dann im nahen Umfeld städtische Parkanlagen, wo dann Spielplätze angelegt waren, die man nutzen konnte. Die konnte man nur zu Fuß erreichen. Auch wenn es mal ein bisschen weiter entfernt war. Gebracht, mit dem Fahrrad oder so etwas gab es nicht. Und man nutzte Grünflächen für Indianerspiele mit selbst gebasteltem Pfeil und Bogen. In der Richtung spielte sich also früher so mein Leben ab. Der Fußballsport wurde einfach auf Brachflächen vollzogen, die dann noch reichlich in Alt-Gelsenkirchen vorhanden waren, zumindest groß genug für uns fünf bis 12-Jährige, um sich dort dann kleine Tore zu bauen. Und dann wurde dort Fußball gespielt, so lange es möglich war.“

  • … seinen Unfall im Stahlwerk

    „Ich war einfach jemand, der in Richtung Handwerk geprägt war. Ich hatte aufgrund welcher Erlebnisse, dass weiß ich nicht mehr, die Vorstellung, in meinem Leben mal Brücken bauen zu wollen. Und habe dann eine Ausbildung angefangen in einem Eisenwerk, die speziell im kleineren Bereich auf Stahl- oder Eisenkonstruktionen Brücken bauten. Und dort habe ich dann eine Lehre begonnen, die nach sechs Wochen dann leider beendet war, weil ich dann den Zweikampf zwischen mir und einem Fünf-Tonnen-Stahlträger verloren habe und seitdem rechts oberschenkelamputiert bin.
    Als hochengagierter Azubi ist man natürlich dann gern geneigt, den Wünschen des Ausbildungsleiters zu folgen.
    Es stand eine große Brückenwange oder hang im Kran, die auf entsprechende Podeste abgestellt wurde, um dort noch Schweißnähte anzubringen. Und der Azubi Rudi Schwietering, kletterte dann rein in diesen Träger, um den aus dem Kran zu hängen. Dieses Teil war aber nicht sauber fixiert und befestigt, kam also ins Schwanken. Und trotz meiner geübten Schnelligkeit hat es nicht ganz gereicht.“

  • … den Aufnahmeantrag der Versehrtensportgemeinschaft Gelsenkirchen

    „Nach diesem Arbeitsunfall als 17-Jähriger in dem Eisenwerk ging es natürlich darum: Wie geht ein junger Mensch wie ich damit um? Macht er sich überhaupt darüber Gedanken? Oder wird er, so wie ich das Glück hatte, von seinem Umfeld, von seiner Clique so aufgefangen, dass ich dann die ganze neue Situation sehr gut verkraften konnte, mich ganz schnell eingelebt habe und ganz schnell als sportlicher junger Mann das Prothesenlaufen gelernt habe.
    Und zusätzlich das Glück hatte, dass der Gehschuhlehrer in dem damaligen Krankenhaus, dem Bergmannsheil, selbst Unterschenkel amputiert, Mitglied in der Sportgemeinschaft Gelsenkirchen war und mir am dritten Aufenthaltstag den Aufnahmeantrag direkt ans Bett gebracht hat. Dadurch der Übergang vom Nicht-Behindertensport Handball in den Behindertensport.“

  • … die Paralympics

    „Die Teilnahme an den Paralympischen Spielen hat sich natürlich durch die Bedingungen und durch die Möglichkeiten ab Seoul deutlich verändert. Seoul war zum Beispiel für mich persönlich ein Erlebnis. Nicht nur, dass die Olympischen Spiele in dem Rahmen stattfanden. Natürlich war es auch ein asiatisches Land, das man vielleicht nie erreicht hätte oder in das man nie gereist wäre. Und das war natürlich ein Erlebnis. Ein fremdes Leben, eine fremde Kultur so nahe zu erleben, parallel da zu sein, Sport betreiben zu können, aber auch die Möglichkeit zu haben, um mit der Bevölkerung Kontakte zu knüpfen und Rückmeldung zu bekommen. Wie ist denn hier das Leben in so einer Stadt wie Soul?
    Anders war es dann anschließend in Barcelona. Das ist Europa, das ist natürlich jetzt wieder was anderes. Da war die Stadt Barcelona eigentlich das Prägende, so eine Stadt kennenzulernen, so wenig Möglichkeit man auch hatte. Aber man hat so doch sehr viel wahrgenommen.
    Atlanta war natürlich wieder ein anderes Umfeld. Das war Amerika mit einem ganz anderen Lebensstil, ein ganz anderes Lebensgefühl. Mit einer Stadt mit ganz anderen Möglichkeiten. Was sich aber bei allen gleich dargestellt hat, war der Umgang mit anderen Sportlern, das Zusammensein und in allen Ländern die Offenheit der Bevölkerung, der Zuschauer und die Nähe zu den Zuschauern. Und die Begeisterung, die sich bei der Ausübung unseres Sports in den Hallen dargestellt hat.“

  • … den Einfluss der Leistungsstützpunkte

    „Es war auch irgendwann der Zeitpunkt, als in Leverkusen dann ein spezieller Leistungsstützpunkt für Behinderten-Volleyball errichtet wurde.
    Um weiterhin auf dem Niveau Sport treiben zu können, hatte man sich natürlich überlegt: Wie kann man das Ganze unterstützen? Es war fraglich oder unfraglich, dass in den einzelnen Vereinen der Nachwuchs schwand. Die Vereine, die aktiv Volleyball spielten und auch noch an Meisterschaften teilnehmen konnten und wollten, schrumpfte nach und nach. So eine Zäsur, einen Leistungsstützpunkt zu erstellen, war für den internationalen Volleyballsport ein ganz, ganz wichtiger Schritt. Trotzdem haben wir das mit einigen Spieler doch sehr kritisch gesehen. Denn durch diesen Leistungsstützpunkt wurden auch Spieler aus den Vereinen in Richtung ‚Verein Leverkusen‘ abgezogen, sodass das Vereinssterben der anderen Vereine sich dadurch sogar noch etwas beschleunigt hat. Die letzte Deutsche Meisterschaft fand dann nur noch mit vier Vereinen statt.
    Das sind dann immer so zweischneidige Dinge. Der internationale Sport wurde auf jeden Fall gepusht, gepowert dadurch, und das Vereinssterben hätte man wahrscheinlich nicht aufhalten können. Denn dann war Jahre später auch der Volleyballsport auf Behindertenebene in Deutschland nicht mehr existent.“

Ausbildungsweg und Werdegang

Einstieg in den ‘Versehrtensport’

Professionalisierung der Paralympics

Scouting und Talentaquise


Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format:

Zu den Zeitzeugen Ruhr

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Klaus Schorn

Klaus Schorn

Klaus Schorn

1934-2023
Ehrenpräsident des TuSEM Essen

62 (!) Jahre prägte Klaus Schorn – alias „Mister TuSEM“ Essen – als Jugendwart, Abteilungsleiter und Geschäftsführer die Geschicke und Geschichte der vereinseigenen Handballer, die sich unter seiner Ägide Meisterschaft, Pokal und Europacup je dreimal erspielten.

Kurzbiografie

  • Geboren 1934 in Essen
  • 1946 Eintritt in den TuSEM
  • 1950-1983 Amt des Handball-Jugendwarts und Vereinsjugendwarts
  • 1973-1977 Vizepräsident des TuSEM
  • 1977-2010 Vorsitzender der Handballabteilung
  • 1979 Aufstieg in die 1. Handball-Bundesliga
  • Vorstandsvorsitzender und Direktor der Essener EDEKA-Lebensmittelhandelsgruppe
  • 2000-2005 Geschäftsführer der TuSEM Essen Handball GmbH
  • 2005 Lizenzentzug, Insolvenzverfahren und Strafversetzung in die 3. Liga
  • 2023 Klaus Schorn stirbt im Alter von 88 Jahren 

Klaus Schorn über …

  • … Steine klopfen für Trikots

    „Trainer und Übungsleiter, die gab es natürlich im Verein, aber nicht in großer Anzahl. Weil viele der Sportler und Persönlichkeiten, die dafür infrage kamen, noch im Krieg oder in Gefangenschaft waren. Sodass man im Grunde genommen selbst auf sich angewiesen war und die Jugend sich eben möglichst selbst helfen musste.
    Hinsichtlich der Sportkleidung musste man sich ebenfalls selbst helfen. Ich war in der Schule der Schulsprecher. Und insbesondere, wenn es um sportliche Belange ging, habe ich die Schulmannschaft, soweit es ging, auch gefördert. Dem Lehrer und Pädagogen, der auch Handballer war, habe ich dann gesagt, dass wir Trikots und Geld haben müssen. Dann haben wir Steine geklopft, also von den Zementschichten befreit und haben für den Stein dann fünf oder sechs Pfennige bekommen. Und haben aus US-Waren, die es damals gab, dann einen Satz Trikots erstanden. Der ganze Satz kostete dann 34 Mark. Zehn Mark hat dann der Verein dazugetan und fünf Mark die Schule, soweit ich weiß. Und dann hatten wir einen neuen Satz Trikots. Nun haben wir als Schulmannschaft angefangen, Leistungssport in der Schule zu machen mit dem Handball. Diese Schulmannschaft war nachher beim TuSEM der Grundstock, dass wir nachher von einer D-Jungen in die die C- Jugend, dann in die A-Jugend bis nachher zur Bundesliga aufsteigen konnten.“

  • … seine Reise zu den Olympischen Spielen 1952

    „Das Erlebnis ist bis zum heutigen Tag unglaublich. Jedes Mal, wenn ich heute Urlaub in Travemünde mache, dann trinke ich eine Tasse Kaffee in einem Café direkt an dem kleinen Hafen, wo das Schiff ‚Zeus II‘ festgemacht hatte und wo wir im Juli/August 1952 abgefahren sind.
    Wieso ich nach Helsinki gekommen bin, weiß ich selbst nicht, weil es sicherlich ein Schicksal des Glücks im Sport war. Wer immer auf mich aufmerksam gemacht hat, der Jugendwart hieß Stockschläge, das weiß ich noch, der sogenannte Führer unserer Truppe, hieß Kramer, der war unser Fußballlehrer. Er war unvergessen, mit ihm haben wir zusammen im Zeltlager in Helsinki geschlafen. Für mich als junger Bursche war die Reise unfassbar. Die Nachricht, nach Helsinki fahren zu dürfen, war schon eine große Sache. Dann musste ich entsprechende Unterlagen wie Freischwimmer, Zeugnis und so etwas mitnehmen. Aber natürlich galt es in erster Linie die Vereinsarbeit und die Verbandsarbeit zu würdigen. Und da ich ja schon mit 16/17/18 Jahren als Jugendwart des Vereins TuSEM bereits bei den Handballbörsen, wo die Spiele festgemacht wurden, eine bekannte Größe war, hatte sich sicherlich im ganzen Verband herumgesprochen, wer der TuSEM ist. Und wir waren ja auch Jugendmeister. Ich hatte ja erzählt, dass ich bei TuSEM 30-40 Kreismeisterschaften und Bezirksmeisterschaften errungen habe. Durch diese Leistung ist man im Verband sicherlich auf mich aufmerksam geworden. So kam ich in einen Lostopf und durfte Losen. Und da war ich dann einer von den drei westdeutschen Handballern, die eine Reise nach Helsinki bekamen. Es war toll.
    Die Gruppe waren insgesamt 40-50 Mann, aber aus den unterschiedlichsten Sportverbänden. Es gab Boxer und deutsche Meister, in erster Linie war das leistungsorientiert. Ich war weniger leistungsorientiert, sondern wegen meiner Verdienste als junger Junge dort. Mehr kann ich schon gar nicht sagen, weil Mann wäre ja übertrieben. Organisiert wurde die Reise von der Deutschen Olympischen Gesellschaft.“

  • … Freundschaften und Kontakte im Essener Sport

    „Im zivilen Leben sind das alles Freunde und Duzfreunde. Ob das Rot-Weiß Essen, der ETuF oder sonst was ist. Das sind alles Leute, mit denen man ehrlich befreundet ist, ob das jetzt beim ETuF Dr. Claus Stauder ist, das sind Duzfreunde. Und so ist das mit Rot-Weiß Essen und Schwarz-Weiß Essen bis auf den heutigen Tag auch.
    Also wenn ich an die nahe liegenden Jahre zurückdenke, dann waren es ehrliche und ehrlich gewachsene Freundschaften, die über gemeinsame Interessen hinausgingen. Mann war miteinander verbunden, man hat großen und regen Anteil am sportlichen Leben der anderen Vereine genommen und auch Freundschaften gepflegt, weil es sich um Persönlichkeiten handelte, die ganze ehrenamtlich tätig waren. Den davon lebt ja der Sport, dass er zum jetzigen Zeitpunkt zum Teil noch eine Generation hat, die sich ehrenamtlich für ihn einsetzt.

    Zum Stadtsportbund hatte ich sehr viel Kontakt. Denn der Sport muss ja zusammenhalten. Essen hat immer großen Wert daraufgelegt, dass im Essener Sportbund die Kräfte gebündelt werden. Egal, ob das Christian Hülsmann oder Ulrich Gaißmayer waren. Gaißmayer war ja auch noch Vorsitzender bei TuSEM. Hülsmann wurde später Stadtdirektor. Das sind alles Leute, die auch noch dem TuSEM angehörten. Sodass es sich automatisch ergab, dass man gleiche Interessen wahrnahm und auch dafür kämpfte.
    Der Stadtsportbund ist ja eine Anlaufstelle und eine Heimat für alle Sportarten. Er hat jetzt in Essen eine tolle Lösung unter Dr. Görgens gefunden, wo dann eine Schule ganz umgebaut wurde, um den Bedürfnissen der Vereine zu entsprechen. Wo jeder Verein sein Büro hat und seine Geschäftsstelle haben kann, damit er hautnah an den politischen Vertretern, die der Sport ja doch entsendet, seine Sorgen loswerden kann.“

  • … Professionalisierung und Leistungsentschädigung

    „Soweit ich es konnte, habe ich mich sicherlich immer darum bemüht, dass die Spieler auch einen Beruf hatten. Denn vor einigen Tagen hatte ich noch Jochen Fraatz am Telefon. Er hat mir gesagt: ‚Was für ein Glück, dass du mich solange getreten hast, einen Beruf zu ergreifen, der es mir jetzt ermöglicht, trotz meiner Erkrankung ein vernünftiges Leben zu leben.‘
    Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass jeder Spieler einen Beruf hat. Und wenn er dann nachher nicht mehr Handball spielt oder spielen kann, aus welchen Gründen auch immer, ob die gesundheitlich oder leistungsmäßig sind, dann einen Übergang zu einem guten Beruf hat.
    Sie können von einem jungen Mann nicht erwarten, dass er sein Studium zurückgibt oder aufgibt oder zurückstellt und auch private Dinge wie die Familiengründung zurückstellt, nur des Handballs wegen und er bekommt gar nichts dafür. Und wenn ein Verein durch die Leistung des Sportlers auch zu Geld kommt, zu Ansehen kommt, wo er sich auch wirtschaftlich auf gute Beine stellen kann. Dann gehören dem Sportler sicherlich auch nicht nur ein Dank und ein Blumenstrauß, sondern auch etwas finanzielle Entschädigung dafür.

    Von der ersten Bundesligamannschaft waren das zu 80% TuSEM-Eigengewächse. Wir sind mit 80 Prozent eigenem Nachwuchs aufgestiegen.
    Der Rest kam aus der Nachbarschaft einerseits und zum anderen nachher aus anderen Landesteilen. Wir hatten Peter Quarti oder Michael Gegg, das war einer der talentiertesten Spieler, die der Handball gehabt hatte. Er ist nur leider verunglückt. Er war vor acht Tagen noch in Essen und dann gehört es sich, dass die Spieler dann vorbeikommen und wir uns zusammensetzen und Erinnerungen oder Geschenke austauschen. Alle sagen immer wieder: ‚Was ist das gut, dass es sie beim TuSEM eine Heimat gefunden habe und auch einen Beruf erlernt haben.“

  • … Meisterfeiern und finanzielle Schwierigkeiten

    „Im Sport gehören ja Sieg und Niederlage zusammen. Wir haben auch einige bittere Niederlagen gehabt im Pokalendspiel und auch im Endspiel um die deutsche Meisterschaft. Aber ich würde sagen, dass wir bei der ersten deutschen Meisterschaft eine große Fete hatten. Da haben wir 6000 Zuschauer auf dem Marktplatz Margarethenhöhe gehabt, der Rot und Weiß geschmückt war. Wir haben mit der Genehmigung der Feuerwehr und der Polizei ein Feuerwerk in der Siedlung abgebrannt. Das war schon eine tolle Sache und haben auch alle Meisterschaften danach in dieser oder ähnlicher Form fröhlich gefeiert. Wir haben immer die Zuschauer miteingebunden, weil sie ja ganz ein wesentlicher und stabiler Garant unseres wirtschaftlichen Fundaments waren.
    Da wiederhole ich mich bei aller gebotenen Bescheidenheit. Wir haben dafür gesorgt oder das Fundament dafür geschaffen, dass der TuSEM beliebt wurde und weiterhin bis auf den heutigen Tag im Handball beliebt ist. Eben weil wir ganz einfach bodenständig geblieben sind. Wir haben sicherlich eine Phase erlebt, die wirtschaftlich einen Niedergang eingeleitet hat, der aber nicht durch unsere eigenen Ausgaben, sondern durch den Ausfall eines Sponsoren zustande kam. Das hat uns sicherlich geschadet. Aber die Sympathien, wie wir das gemacht haben, weil wir gerade immer volkstümlich waren, weil wir einem Verein bei aller gebotenen Bescheidenheit Format verleihen haben, haben wir einen gewissen Beliebtheitsgrad und den versuchen wir auch heute noch aufrechtzuerhalten.

    Wir haben nie eine Frauen-Mannschaft gehabt. Das lag in erster Linie an mir selbst und meiner Auffassung, weil ich gesagt habe, wir haben keinen Platz, wir haben keine Hallen, wir haben keine Möglichkeiten. Lasst uns diese Aufgabe von einem anderen Verein wahrnehmen, die das Interesse auch wahrnehmen. Und da in Essen Frauen in einem vorgelagerten Ort eine Heimat gefunden hatte, haben die Mädels dann sich in eine andere Richtung verlagert. Und wir sind, wie man so sagt, bei den Männern geblieben.“

Der TuSEM Essen in der Nachkriegszeit

Vorreiterrolle in der Banden- und Trikotwerbung

Beruf und Ehrenamt

Betrügerischer Scheinsponsor der Saison 2004/05


Hier finden Sie in Kürze das vollständige Interview im PDF-Format:

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