Horst Meyer
Horst Meyer
*1953
Abteilungs- und Projektleiter Großsportanlagen und Sport-Events im Sportamt der Stadt Köln
Über 20 Jahre arbeitete Horst Meyer im Sportamt der Stadt Köln. Als Leiter der Abteilungen für Großsportanlagen und Events war er an einer dreistelligen Zahl an Veranstaltungsbewerbungen beteiligt, um eine Fülle von inter- und nationalen Spitzensportereignissen am Dom zu beherbergen.
Kurzbiografie
- Geboren 1953 in Aachen
- Ausbildung und Studium bei der Stadt Köln – Abschluss Diplomveraltungswirt
- Aktiver Handballspieler bei ESV Olympia Köln, FC Pesch, HV Erftstadt
- Sportamt Stadt Köln- Leiter der Abteilungen für Großsportanlagen und Events
- WM-Beauftragter und Leiter des Sportamtes der Stadt Köln
Fußball WM 2006, Handball WM 2007 u. 2019, Eishockey WM 2001, 2010 u. 2017, Ruder WM 1998, EHF Championsleague FINAL4 2010 – 2019, DFB-Pokalfinale der Frauen 2010 – 2019, Olympiawerbung Rhein-Ruhr 2012 - Mitglied im Expertengremium für das nationale Strategiekonzept für Sportgroßveranstaltungen
- Selbstständige Tätigkeit im Bereich Projektberatung und -Management – Kompetenz Team Meyer
Horst Meyer über …
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… seine (sportlichen) Wurzeln in Köln
„Ich bin anfangs ein Vagabundenkind gewesen, mein Vater war Zöllner. Geboren bin ich in Aachen, aber da war nur das Krankenhaus. In Wahrheit haben wir am letzten Haus vor der holländischen Grenze gewohnt, weil mein Vater dort am Schlagbaum tatsächlich den Zöllnerdienst tat, wie es früher so üblich war, mit Kaffee-Schmugglern et cetera. Die nächste Station war dann eine längere. Dann war mein Vater am Flughafen Köln-Wahn eingesetzt und wir wohnten in Porz. Daraus entstand für mich eine enge Verbindung zum Rheingewässer. Dort habe ich so den ersten Teil meiner Kindheit, bis ich elf Jahre alt war, verbracht. Dort war das Thema Sport noch nicht das große, außer dass man das natürlich in der Schule und auch in AGs machte. Nach dem Umzug nach Köln Nippes, das war die nächste Station meines Vaters, ergab sich eine Begegnung bei einem Schullandaufenthalt in den in den Sommerferien, denn einer der Betreuer war der damalige Handball-Nationaltorhüter Helmut Duell, der dann in der Folge mein Ziehvater wurde. Vielleicht, weil er bei den sportlichen Übungen ein gewisses Talent oder Motivation gesehen hat. Auf jeden Fall hat er mich sofort nach diesem Aufenthalt in den ESV Olympia geholt, seinen Stammverein, der damals noch eine Top-Adresse in Köln im Handballsport gewesen ist. Und dort habe ich eben auch den größten Teil meiner Handball-Zeit verbracht und es dort eben auch entsprechend in die Jugendauswahl und die 2. Bundesliga gebracht und dort gespielt. Irgendwann stand die Entscheidung im Raum – man konnte zu der Zeit noch nicht vom Handballsport leben. Dann war die Frage, machst du jetzt Handball und studierst du? Eigentlich wollte ich Lehrer werden.
Aber da ich kein Abitur hatte, bin ich den Weg gegangen, ein Verwaltungspraktikum bei der Stadt Köln zu absolvieren. Da bin ich mit 15 Jahren eingestiegen, hatte aber immer noch Kontakt zu Helmut Duell, der damals schon bei Phoenix Essen spielte. Ich habe die zwei Jahre Ausbildung bei der Stadt gemacht, in der Zeit habe ich dann erstmals auch Kontakt zu Geld bekommen. Als Auszubildender bekam ich damals 50 DM. Meine Söhne lachen heute darüber, wenn ich diese Geschichten erzähle.Aber es blieb immer noch der Kontakt zum Handball, ich spielte immer noch in Nippes beim ESV Olympia. Helmut war in der Zeit in Essen und versuchte mich immer nach Essen zu holen. Ich war dann dort auch einige Male zum Probetraining, habe mich dann aber dazu entschieden, den festen Job zu nehmen und bei der Stadt Köln mein Studium zu machen und dort meinen Weg zu gehen. Ich habe dann in verschiedenen Vereinen weiter Handball gespielt. Habe dann irgendwann ja drei Kinder bekommen, darunter auch Zwillingsbuben. Ab einem Alter von fünf Jahren habe ich die Kinder zum Handball spielen und zum Training gebracht. Sie wurden dort spielerisch von einer Sportlehrerin trainiert, die sich aber partout nicht an Handball-Regeln gewöhnen wollte. Sie wollte mit den Kindern kein Handball trainieren, sie wollte sie nur bewegen. Und dann entschied der Verein, wir holen uns einen Trainer. Dann sagte ich: ‚Da ich ja sowieso in der Halle bin und die Zwei bringe und gucke und fahre, dann kann ich Sie auch trainieren.‘ Am Ende ist es eine wunderschöne Zeit geworden. Vom fünften Lebensjahr bis zum 18. habe ich diese Mannschaft trainiert und durch Zuzug aus den Ostgebieten haben wir zwei polnische Junioren-Nationalspieler dazu bekommen. Wir haben nachher dann eine Mannschaft in der B und A-Jugend gehabt, die eben auch in derselben Klasse mit Gummersbach, Dormagen und allen Beteiligten um die westdeutsche Meisterschaft spielt.“
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… die Politik hinter der Sportstadt Köln
„Wir haben zu der Zeit das große Glück gehabt, dass wir im Sportausschuss von einer Sportfraktion Sprachen, also über die Grenzen einzelner Parteien und einzelner Fraktionen hinaus, verstanden sich die Mitglieder des Sportausschusses als Vertreter des Sports. Aus diesem Grund waren sie auch empfänglich für entsprechende Vorlagen, in denen wir uns als Sportstadt Köln positionieren konnten. Es hilft nicht, sich selber nur Sportstadt zu nennen. Dann muss man auch ganz gewisse Schritte gehen. Und dazu gehören sicherlich auch größere Sportveranstaltungen in einer Millionenstadt. Es geht nicht anders.
Es war in der Anfangsphase leichter, als es dann die letzten Jahre zum Beispiel war. Wo die Diskussionen wirklich aufkamen: ‚Brauchen wir das? Packen wir das Geld nicht lieber in einen Kindergarten?‘ Das sind immer Totschlagargumente.
Also wenn ich ein Beispiel nennen darf – Fußball-Weltmeisterschaft 2006, dort haben wir in für Köln Verkehrsmaßnahmen in einem Volumen von über 60 Millionen Euro akquiriert. Die Weltmeisterschaft selber hat Köln etwas über 4 Millionen gekostet, als nur um das mal ein bisschen abzuwägen. Bei den Kosten habe ich jetzt noch nicht die Einnahmen abgezogen, die man durch Umsatzsteigerungen in der Gastronomie und Hotellerie und sonst so hatte.
Also da war es schon schwieriger, in der späteren Phase den politischen Bereich zu überzeugen, dass das Ganze Sinn macht. Man sieht ja auch heute, wie schwer es der Bundesrepublik fiel, eine Struktur aufzubauen, um eine erfolgreiche Olympia-Bewerbung zu machen. Man kriegt das heute nur noch mit einer breiten Zustimmung in der Bevölkerung. Und daran muss man arbeiten, sehr früh. Das sind leider die Fehler, die man dann auch in Hamburg, Berlin und München gemacht hat.“ -
… die öffentliche Wahrnehmung in Köln um die Ruder-WM 1998
„Die ersten Bewerbungen, die wir verloren haben, da wurden Summen investiert, die sind mit heutigen Bewerbungen nicht vergleichbar. Wir hatten nicht einen modernen Film oder eine Präsentation, sondern wir hatten noch ein gedrucktes Heftchen für jeden Delegierten. Das Ganze wurde dann vor der Delegiertenversammlung präsentiert. Das ist nicht vergleichbar mit dem, was heutzutage in einem Bewerbungsverfahren bereits an Aufwand und an Studien betrieben wird, die natürlich alle richtig Geld kosten.
Und deswegen selbst mit dem zweiten Versuch in Cincinnati, wo wir dann schon den Film hatten, waren das alles noch erträgliche Summen, die im Beginn eines sechsstelligen Betrags waren. Heute sieht man Bewerbungen im dicken siebenstelligen Bereich.
Aber es war sicherlich der Ausgangspunkt, die Kölner auch mitzunehmen auf so einem Weg. Wir haben gesehen, dass selbst in der Bauphase, als am Fühlinger See die Brücken und Wege hochgelegt wurden, täglich Tausende Menschen da waren, die sich dieses Spiel anguckten, wie das wächst und vorangeht und das auch sehr willkommen genommen haben, als es dann nachher fertig war. Das war für uns auch so ein großer Antrieb, damit etwas zu schaffen, was die Kölner Bevölkerung auch auf Dauer hat und nicht nur den Ruderevent.
Die Weltmeisterschaft selber ist in einer einzigartigen Form von den Kölner Medien und von den Kölnern Unternehmen aufgenommen worden. Selbst bei den Baumaßnahmen war alle paar Tage mindestens ein Kamerateam vom WDR oder von der Lokalzeit. Also es wurde in einer Art wahrgenommen, das war schon unwahrscheinlich.
Heute sieht man Fußball Champions League, Fußball Euroleague, Fußball-Bundesliga, jeden Abend ist Fußball. Damals gab es diese Mengen im Sport noch nicht. Und das in Köln so etwas passiert, hat die Kölner Bevölkerung auch wahrgenommen und mitgenommen. Und das war auch ein Grund, dass in den Annalen des Weltruderverbandes Köln immer noch als die bestorganisierte Ruder-WM aller Zeiten gilt. Da sind wir auch ziemlich stolz darauf. Wir hatten jetzt nicht die Chance, eine völlig neue Bahn zu bauen, sondern wir mussten mit dem, was wir hatten, auskommen. Wir konnten es verfeinern und verbessern. Das hatte natürlich auch noch mal ein einen riesen Schub für die Kölner Rudervereine gegeben, denn das Ruder- und Kanuzentrum am Fühlinger See wurde natürlich für die Weltmeisterschaft erweitert und ausgebaut. Es kam ein Kraftraum dazu, es gab zusätzliche Umkleideräume, Massageräume und so weiter.
Deswegen sehe ich es heute so ein bisschen mit Kummer, dass nach dem Ausscheiden von Hans-Georg Röhrig dieser Wunsch nach Internationalität nicht mehr so ganz in den Wassersportverbänden in Köln vorhanden ist und kaum eine Chance besteht, so etwas hierher zu holen.
25 Jahre danach braucht man einen Finanzschub, um das, was in die Jahre gekommen ist, technisch zu aktualisieren. Damals saßen auf einer Treppe noch ehrwürdige, ergraute Menschen und stoppten die Uhr, wenn die Ruderer über die Ziellinie kamen. Heute geht das alles digital mit entsprechenden Zielkameras. Das fehlt noch ein bisschen an der Anlage, um sie wieder wettbewerbsfähig zu machen.“ -
… infrastrukturelle Folgen der WM 2006
„Das hat zunächst einmal auch den Verantwortlichen in dieser Stadt gezeigt, dass es nicht immer nur München oder Berlin sein muss. Auch andere Städte haben eine Chance, sich zu bewerben und sich auf dem Weltmarkt zu präsentieren. Im Jahr danach war ja schon Handball-Weltmeisterschaft, wo wir es etwas leichter hatten in der Umsetzung dieser Dinge und der entsprechenden Ratsvorlagen, um das Ganze auch in die Genehmigungsverfahren zu bekommen.
Also das Rudern 1998 war wirklich ein Stück der Vorreiter, aber es kam dann natürlich in einer großen Dimension das Thema Fußball.
Also eine kleine Anekdote: Ganz viele Autofahrer, die aus dem Westen nach Köln hinein kommen, nutzen den Park and Ride Parkplatz zwischen Königsdorf und Köln-Weiden. Der ist das Ergebnis der Fußball-Weltmeisterschaft. Das dann die Straßenbahnen bis zu diesem Parkplatz geführt wurden, die früher nur bis Müngersdorf fuhren, ist auch das Ergebnis der Fußball-Weltmeisterschaft. Die Verbreiterung der Autobahn 3 im rechtsrheinischen Gebiet ist auch Ergebnis der Fußball-Weltmeisterschaft. Die Gelder wären sonst irgendwo in Projekte in den Osten der Republik gegangen. Durch die Fußball-Weltmeisterschaft wurden sie aber dahin gelenkt, wo die Strukturen der WM-Städte waren. Also da ist eine Menge in dieser Stadt passiert, was die meisten bis heute gar nicht wissen, dass es zu diesem Thema zurückzuführen ist.“ -
… Rhein-Ruhr 2012 – das schwarze Schaf im Leben des Horst Meyer
„Die Olympia-Bewerbung Rhein Ruhr für die Olympischen Spiele 2012 ist das schwarze Schaf in meiner Biografie. Das habe ich nicht geschafft. Aber das konnte auch keiner schaffen, nachdem Otto Schily sich für das Cellospiel aus Leipzig entschieden hat und damit aber auch die Chance aufgegeben hat, dass Deutschland sich international durchsetzen konnte. Da gibt es eine wunderschöne Geschichte. Es gab hier einen nationalen Wettbewerb mit fünf deutschen Bewerbungen. Das waren Hamburg, Rhein-Ruhr, Stuttgart, Frankfurt und Leipzig. Die Präsentation erfolgte dann im Fernsehen, aber auch groß und live in den jeweiligen Städten. Wir hatten uns dazu entschieden, dass es eine Präsentationsbühne auf der Königsallee in Düsseldorf gibt. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister als Vorsitzender unseres Organisationskomitees musste aber zur Entscheidung nach München. Und dann war die Frage, wer geht denn jetzt auf die Bühne? Wer vertritt den Rhein-Ruhr? Und dann kam der Wunsch an den Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma. Wir saßen in seinem Büro, es gab dann Stimmen, die sagten: ‚Lieber Fritz, du kannst nicht nach Düsseldorf fahren, die pfeifen dich gnadenlos aus.‘ Wir haben dann einen Bus von Horst Lichter bekommen und haben da die Höhner und den Oberbürgermeister Schramma und unser Team reingepackt und sind nach Düsseldorf gefahren. Schramma ist dann – bis zum Negativvotum gemeinsam mit den Höhnern gefeiert worden. Also die Düsseldorfer waren da sehr offen.
Es ist ein Moment in meinem Leben gewesen, den ich dann so noch nie erlebt habe, als das Los gezogen wurde und Rhein-Ruhr war raus. Hunderttausend Menschen standen vor der Bühne, es war totenstill. Die Leute standen mit gesenktem Kopf da, sie gingen still nach Hause. Unvorstellbar, diese Ruhe in dieser Sekunde. So etwas habe ich vorher nur einmal erlebt, als Franz Beckenbauer in seiner Reise für die Fußball-WM im Kölner Gürzenich vor 1000 geladenen Gästen erschienen ist– ein riesen Gemurmel im Saal und plötzlich erschien Beckenbauer wie ein Sonnengott in der Tür. Man hätte wirklich eine Stecknadel fallen hören können. Solche Momente gibt es manchmal gerade im Sportleben.
Zurück zur Entscheidung. Schließlich waren wir raus. Es war aus unserer Sicht immer klar, es gibt einen Zweikampf zwischen Hamburg und Rhein-Ruhr, das dann plötzlich Leipzig gewinnt, damit hatte keiner gerechnet. Die beste Bewerbung hatte zweifelsohne Hamburg. Das war die Schönste und Attraktivste. Rhein-Ruhr hatte die nachhaltigste, weil das meiste schon vorhanden war. Deswegen war aus unserer Sicht eigentlich klar, dass zwischen diesen beiden gewählt wird.Ich behaupte bis heute noch, wenn es zu dieser Bewerbung und den weiteren Verlauf gekommen wäre, hätten wir am Ende vor einer Situation gestanden, dass es nur noch eine Stadt Ruhrgebiet gibt, wie man sie auch nennen will. Und dass diese ganzen Strukturen dort verschwinden.
Also meine Schwiegereltern wohnen in Castrop-Rauxel, das ist aber nur der linke Bürgersteig. Gehe ich über die Straße auf die andere Seite, dann bin ich in Dortmund. Und wenn ich um die Ecke gehen, bin ich in Herne. Für mich ist es dort auch heute noch immer schwer zurechtzufinden.
In der damaligen Arbeitsgruppe, die unter der Führung des Oberbürgermeisters aus Essen stand, wurde sehr zielgerichtet gearbeitet, ohne persönliche Animositäten, ohne Eifersüchteleien. Denn man ist hingegangen und hat 46 Städte und Kreise zusammengeführt, also auch der kleine Kreis Mettmann, der natürlich keine Sportstätte hatte, er hat aber ein Hotel, der war mit dem Paket, weil da wäre eine Mannschaft hingekommen. Und so hat man in dieser Region alle mitgenommen, anders als es in der jetzigen Bewerbung Rhein-Ruhr war. Entschuldigen Sie meine Kritik. Diese Bewerbung hat man minimiert auf elf oder zwölf, da habe ich von vornherein schon 35 draußen vor, die sind nicht dabei. Und warum sollen die ihre Bürger motivieren und mitnehmen? Wie will ich dann auf eine Zustimmung von 70 Prozent oder mehr kommen, um es durchzusetzen? Das war einer der großen Kritikpunkte, die ich an dieser Bewerbung habe.“
Bewerbung Kölns für die WM 2006
Public Viewing als Novum
Köln – Standort des DFB-Pokalfinales der Frauen
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