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Ulla Holthoff

*1958
Sportjournalistin (u.a. Welt, ZDF, Sport1) und ehemalige Pressesprecherin für die SpVgg Unterhaching e. V.

Schon während ihrer Schulzeit begann Ulla Holthoff ihre Karriere als Sportjournalistin. Später kommentierte sie als erste Frau einen Fußball-Spielbericht im Sportstudio und rief Kultsendungen wie den “Doppelpass” und „Laola“ ins Leben.

Kurzbiografie

  • Geboren 1958 in Welver
  • 1971-1977 Schwimmerin und Wasserballerin beim SV Wasserfreunde Soest e. V.
  • 1977 Einstieg in den Journalismus als freie Mitarbeiterin bei der WAZ
  • 1978-1983 Wasserballerin beim SC Rote Erde Hamm
  • 1979-1981 Volontariat bei der WAZ
  • Anfang 1980er Jahre Studium der Sportwissenschaft an der Deutschen Sporthochschule Köln (ohne Abschluss)
  • 1981 Gründung des Freien Journalisten Büros „Inform-West“ mit Kollegen
  • 1983-1987 Wasserballerin beim SC Blau-Weiß Poseidon Köln e. V.
  • 1984-1985 Freie Mitarbeiterin beim WDR
  • 1984-1989 Freie Mitarbeiterin und Redakteurin bei der Welt
  • 1990-1994 Feste freie Mitarbeiterin beim ZDF
  • 1994-1998 Leiterin der Fußball-Redaktion beim DSF (heute Sport1)
  • 1996-1998 Fußball-Kommentatorin für DF1
  • 1999-2001 Pressesprecherin der SpVgg Unterhaching e. V.
  • 2001-2021 Leitende Sportredakteurin beim BR

Ulla Holthoff über …

…erste Berührungspunkte mit Sport und Geschlechterverständnis

„Sport war Ausbruch und Sport ist ein Teil meiner Geschlechterproblematik als Kind, ich wollte zu der Zeit nie ein Mädchen sein. Ich bin auf dem Land, in einem kleinen Dorf großgeworden. Ende der 50er- und 60er-Jahre war das Frauenbild, gerade auf dem Land, sehr traditionell: Stricken, Häkeln, Haushalt, zu Hause bleiben, Röckchen tragen. Ich war aber ein relativ wildes Kind mit sehr viel Energie. Zu dem passte dieses alte traditionelle Frauenbild überhaupt nicht. Und Sport war für mich einfach Ausbruch. Es war wild sein, es war ein Junge sein. Noch dazu kam, dass meine Mutter mir irgendwann meine Haare abgeschnitten hat. Ich hatte schöne blonde Locken als Kind, aber das war dann alles zu viel Arbeit, und sie wurden sehr kurz geschnitten. Sie wurden sehr dunkel und mit meiner ganzen Ausstrahlung habe ich auf viele Menschen wie ein Junge gewirkt und wurde immer für einen Jungen gehalten, worauf ich sehr stolz war. Und was damals zu einem Jungen gehörte, war Sport.

Dazu kam, dass unser kleiner Ort Welver eine relativ ambitionierte Fußballmannschaft hatte. Es wurde ein Stadion gebaut, aber zunächst mal keine Umkleidekabinen. Die Umkleidekabinen waren in der ebenfalls neu erbauten Grundschule, die 800 Meter weg war. Der Weg dahin führte an den Feldern vorbei, über eine asphaltierte Straße direkt an unserem Haus entlang.
Die Sonntage waren eine furchtbare Qual für mich, denn Sonntage waren heilig. Man musste brav sein und spazieren gehen. Aber dieses Klackern der Stollen in der heiligen Sonntagsstille war für mich Ausbruch, Wildheit und Revolution. Das hat mich gefesselt. Und das war das Einzige, was sonntagsnachmittags in unserem Ort passierte: Der SV Welver spielte Fußball, damals schon in der Landesliga, und ich durfte mit meinem Vater zum Sportplatz gehen. Das hat mich zum Sport gebracht.

Und die Erinnerung an die Fußballreportagen, an die Olympische Spiele ‘68, an Ingrid Mickler-Beckers 800-Meter-Lauf. Meine Mutter hörte ständig Radio, tagsüber und abends. Diese Reportagen habe ich gehört, und das hat mich so ein bisschen angekickst. Das sind meine ersten Assoziationen. Außerdem durften wir damals, weil es preiswert war, in den örtlichen Leichtathletikverein, TV Flerke/Welver. Und das war für mich, auch Ausbruch. Weg sein von daheim, mal was anderes. Nicht immer zu Hause, in der Enge, in der wir groß geworden sind, arbeiten. Mich körperlich abreagieren. Das waren meine ersten Bezüge zum Sport.“ 

…ihre Liebe zum Schwimmen

“In unserem Dorf wurde an der Grundschule ein Lehrschwimmbad mit höhenverstellbarem Boden gebaut. Die DLRG bot dort Schwimmkurse an, und entwickelte ihre Kurse mit Frei-, Fahrten, und Jugendschwimmer Abzeichen, wie es damals hieß. Und durch die DLRG bin ich zum Schwimmen gekommen.

Dann ging eine Freundin zu den Wasserfreunden Soest in den Schwimmverein, und fragte, ob ich mitgehe. Das haben meine Eltern erlaubt, denn das war damals alles relativ preiswert. Ich bin relativ schnell sehr viel besser geworden. Es gab dann sogar ein Angebot von Rote Erde Hamm, die damals sehr viele gute Schwimmerinnen hatten. Ich habe in meiner Altersklasse sehr schnell, sehr große Sprünge gemacht, wodurch die Trainer von Rote Erde Hamm aufmerksam geworden sind. Aber schon morgens vor der Schule trainieren, das wollten meine Eltern nicht, und die Wettkämpfe hätten auch weit weg stattgefunden. Und sie hatten auch sehr viel von Menschen gelesen, die sehr erfolgreich im Sport wurden und dann im sozialen Leben komplett durch den Rost gefallen sind. Davor hatten sie Angst und das wollten sie für ihre Tochter nicht. Deshalb haben sie das verweigert, was dazu führte, dass ich mich seitdem kaum noch verbessert habe. Ich glaube, dieses ‚Wir wollen nicht, dass du gut wirst‘ hat bei mir eine Sperre hinterlassen. Bis dahin habe ich wöchentlich Sprünge gemacht, aber seitdem bin ich in vielen Jahren nur noch zwei Sekunden besser geworden. Es hat also tatsächlich bei mir etwas hinterlassen. Aber Liebe zum Schwimmen habe ich bis heute.”

…ihre Anfänge im Sportjournalismus

„Ein Schulkamerad von mir arbeitete in der WAZ-Lokalredaktion. Sonntags wurde ja immer jeder freie Mitarbeiter gebraucht. Wir hatten, glaube ich, fünf oder sechs freie Mitarbeiter und zwei Redakteure. Damals gab es im Lokalprogramm ja noch jedes Kreisligaspiel, alle Tabellen und alle Ergebnisse. Heute ist es ja deutlich reduziert. Da war ein unglaublicher Personalaufwand notwendig. Die suchten freie Mitarbeiter und mein Klassenkamerad hat mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte sonntags da schon mitzuarbeiten. So hat es angefangen. Ich hatte schon sehr früh, mit fünfzehn oder sechszehn Jahren, im Fokus Journalistin zu werden. Ich war einfach unglaublich wissbegierig, und in meinem Hintergrund gab es kein großes Know-how und keine große Bildung. Meine Familie ist sehr groß, meine Mutter hatte neun Geschwister und mein Vater hatte vier. Wir haben also so ungefähr eine 100-köpfige Familie. Davon war ich die erste, die überhaupt Abitur gemacht hat. Es gab da also keinen großen Bildungshintergrund, und es war immer sehr viel zu tun. Meine Wissbegierde wurde so nicht gestillt und ich dachte, dass ich als Journalistin alles fragen darf, und ein großes Spektrum und einen großen Einblick kriegen würde. Ich bin eigentlich aus sehr egoistischen Gründen Journalistin geworden. Nicht um etwas zu schreiben und zu vermitteln, sondern um mir Wissen anzueignen, das war meine Hauptmotivation, um Journalistin zu werden. Und zum Sport bin ich halt durch diese Sonntagsarbeit gekommen. Und es war einfach, denn mein Freund spielte Fußball und ich war in der ganzen Sportszene daheim. Von daher hatte ich da mein Netzwerk. In den ersten Jahren habe ich aber auch sehr viel Lokaljournalismus gemacht und war während meines Volontariats in allen Ressorts. Ich habe auch später für die Welt ein Jahr mal im Panoramaressort gearbeitet. Also, es hat mich auch immer interessiert, aber durch das ausgeprägte Netzwerk, und die vielen privaten Kontakte, die wir im Sport hatten, war mir der Sport am Ende immer näher.“

…ihre Zeit als Pressesprecherin bei der Spielvereinigung Unterhaching

“Spielvereinigung Unterhaching, damals ein durchaus vorzeigbarer Zweitligaverein der immer so unter den Top sechs spielte, litt chronisch unter Geldmangel. Durch die Nähe zu München haben die mich natürlich immer wieder hofiert, denn damals hat das DSF immer das Montag-Zweitligaspiel übertragen. Jeder Verein, der dort übertragen wurde, bekam 75.000 DM. Insofern haben die mich permanent hofiert und umworben, damit sie möglichst oft das Montagabend Zweitligaspiel hatten, um Geld in die Kasse zu spülen. Deswegen hatte ich sehr viele Kontakte da und es war genau das Jahr, in dem Haching aufstieg. Sie brauchten einen Pressesprecher. Sie hatten jemanden, der das bis dahin so verwaltete, der kam aber nicht aus den Medien. Aber es war klar, dass Bundesliga ein anderes Kaliber ist und, dass sie einen richtigen Pressesprecher brauchen. Ich war ein halbes Jahr vor dem Aufstieg beim DSF entlassen und war häufig im Stadion, ich wohnte auch nur fünf Kilometer entfernt. Und ich konnte mich dann bei den Bewerbungsgesprächen entsprechend durchsetzen und bin dann dort als Pressesprecherin gelandet, was eine tolle Erfahrung war.”

…die Nähe von Journalisten zu den Sportlern

“Ja, heute ist es schwierig mit Nähe. Jeder möchte sich natürlich selbst im Glanz sonnen, und deshalb versuchen viele, da nah zu sein. Aber ich hatte immer eine recht große Distanz. Ich komme aber auch noch aus der Hanns Hajo Friedrichs Generation, „mache dich nie mit einer Sache gemein, auch nicht mit einer guten“. Aber, wenn man nicht so nah dran ist, hat man nicht so viele Informationen. Auch da sind wir wieder beim Phrasenschwein: „Kein Schaden ohne Nutzen“, „Jede Medaille hat zwei Seiten“. Je näher ich dran bin, desto mehr Informationen habe ich, aber desto größer ist auch die Scheu, um negative Informationen rauszuhauen.

Wobei, die Kollegen der Bildzeitung, so differenziert man sie sehen kann, haben damit gar nichts am Hut. Sie sind wirklich sehr gut ausgebildet und sie sehr nah an den Protagonisten. Sie sind in den Vereinen gut vernetzt und sie haben überhaupt keine Scheu mit etwas Negativen an die Öffentlichkeit zu gehen, auch, wenn es Menschen betrifft, von denen sie zehn Jahre profitiert haben. Also, bei aller Kritik, es ist tatsächlich Journalismus, was die machen, anders als viele anderen. Die lassen es sich auch was kosten, nah dran zu sein, während Agenturen, selbst große Zeitungen, mittlerweile nur noch vom Fernsehbild abschreiben. Wenn man mal guckt, welche Zitate genommen, und welche Spieler zitiert werden, dann sind das keine eigenen Interviews, die geführt werden. Es ist das, was bei Sky läuft. Das wird vervielfältigt.”

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Hier findet sich das vollständige Interview im PDF-Format: