Andreas Schäfer
*1969
Vorstandsmitglied des Special Olympics NRW e. V.
Der ehemalige Amateur-Handballer Andreas Schäfer engagiert sich seit der Gründungsphase im Vorstand der Special Olympics NRW. Im Sommer 1990 zählte der Jurist zur Avantgarde der Essener Autokorsoneros, die im fußballweltmeisterlichen Triumph über die Rüttenscheider Straße zogen.
Kurzbiografie
- Geboren 1969 in Essen
- 1981-2011 Essener Sportgemeinschaft 99/06
- Essener Handball Stadtmeister in der B- und A-Jugend
- Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg
- Seit 2003 stellv. Vorsitzender (Präsident) der Special Olympics Nordrhein-Westfalen
- Seit 2013 SuS Haarzopf 14 e. V.
- Seit 2020 Jugendvorstand Handball SuS Haarzopf 1924 e. V.
Andreas Schäfer über …
„Meine Kinder haben angefangen Sport zu treiben und sind in den örtlichen Handballverein eingetreten. Und dann hat man irgendwann spitzbekommen, dass der gute Mann doch früher mal Handball gespielt hat. Und dann hat man mich vor vier Jahren gefragt, ob ich denn nicht eine Jugendmannschaft im Handball übernehmen könnte. Ich habe dann zugestimmt. Und dann, im nächsten Jahr kam schon eine andere Mannschaft dran. Und im Jahr darauf haben die mich dann gefragt, ob ich nicht auf Vorstandsebene im Jugendbereich des Vereins tätig werden könnte, um da die Jugendleitung zu übernehmen. Dem konnte ich mich nicht verwehren, auch wenn meine Frau da durchaus gefragt hat, ob da auch mal ein Ende wäre, was meine ehrenamtlichen Verpflichtungen angeht. Aber das macht einen enormen Spaß, tatsächlich dort tätig zu werden. Mittlerweile spielen alle meine drei Kinder dort Handball im Verein. Die jüngste Tochter in dem F-Jugendbereich, die älteste geht jetzt in die A-Jugend hoch, die ich dazu noch trainiere. Das ist so mein sportlicher Bereich, den ich da immer noch abdecke.
Ansonsten ist das nicht auf höchstem Sportlevel gewesen. Das Höchste, was ich selber mal gespielt habe, war in der Landesliga. Die war damals im Handballbereich noch ein bisschen höher bewertet als heute. Da gibt es ja immer weniger Mannschaften, aber das war eine schöne, interessante Zeit. Und von daher will ich das alles nicht missen, was man da erlebt hat. Und jetzt kann man das den Vereinen zurückgeben.
Das Ehrenamt ist sehr mühsam, auch Eltern zu gewinnen oder andere Mitstreiter zu gewinnen. Es ist wie in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Es finden sich einige wenige, die müssen dann umso mehr erledigen. Aber ich versuche da immer in gewisser Weise einen guten Zuspruch für die zu finden, die vielleicht auch in Betracht kommen. Und das ist eine ganz schöne Sache. Im beruflichen Bereich bin ich vollkommen eingespannt. Es ist schon recht schwierig, das auch noch zu machen. Aber man findet immer für irgendwas Zeit, das ist mein Motto an der Stelle.“
„Am Ende des Tages kam ich eigentlich durch einen Zufall, beziehungsweise durch meinen Beruf zu den Special Olympics. Vorher bin ich schon sehr viel im Sportbereich unterwegs gewesen, jetzt weniger auf Vorstandsebene, auf Funktionärsebene oder ehrenamtlicher Ebene, sondern eben auch aktiv, beziehungsweise habe aktiv zugeschaut. Und im Jahr 2003 arbeitete ich in einer Anwaltskanzlei und einer meiner Kollegen wurde gebeten, als Notar eine Vereinssatzung zu erstellen oder an der Entwicklung einer Vereinssatzung mitzuwirken. Und das war die Vereinssatzung für Special Olympics Nordrhein-Westfalen. Er hat dann dort seine Arbeit erstellt. Er wurde dann von der Person, die sich damals um die Gründung von Special Olympics Nordrhein-Westfalen gekümmert hat, gefragt, ob er denn nicht Interesse hätte, ein Posten im Vorstand zu übernehmen. Der war damals Mitte bis Ende 50. Da hat er gesagt: ‚Ne, lass mal, dafür bin ich zu alt. Ich frag mal einen jüngeren Kollegen.‘ Und da wurde ich gefragt, ob ich Interesse hätte.
Ich hatte mich gerade eines ehrenamtlichen Jobs im sozialen Bereich entledigt. Beziehungsweise ich wurde nicht mehr gebraucht. Es wurde dann eine andere Person in den Vorstand gewählt. Und dann habe ich mir das angehört, habe gedacht, das ist ein ganz neuer Blickwinkel. So etwas hat man so noch nicht gemacht. Das war jetzt eine andere Perspektive mit behinderten Menschen zusammenzuarbeiten, zu denen ich letztlich vorher keinen Kontakt hatte, weder zu körperlich Behinderten noch zu geistig behinderten Menschen, muss ich offen sagen. Und dann kam es zur Vereinsgründung und ich habe mich dann letztlich bereit erklärt, ein Vorstandsamt des stellvertretenden Vorsitzenden damals zu übernehmen. Auch ohne wirklich tatsächlich großartig viel zu wissen. Ich hatte aus einigen Gesprächen und aus den wenigen Veranstaltungen, die es damals gab, schon leichte Kenntnisse, was der Verein machte und was die Aufgaben waren. Wo es dann letztlich hinführen sollte, war auch in groben Zügen dargelegt. Aber so war das schon an der Stelle erst einmal komplettes Neuland, muss man ganz offen sagen.“
„Die Eintragung ins Vereinsregister hat dann noch ein bisschen länger gedauert, bis Mitte Juni, weil die Satzung nämlich vom Vereinsregister moniert wurde, weil nicht geregelt war, wie man wieder als Vereinsmitglied austreten kann. Aber das war dann der Beginn an der Stelle. Und dann muss man jetzt auch mal offen sagen, es gibt sogenannte „General Rules“ von Special Olympics von den Ursprüngen, also SOI. Das ist ein so dickes Werk mit allen Regeln, wer, wie, wo und was auf Vorstandsebene, bis runter in den gesamten Sportbereich, zu laufen hat. Anerkennungswettbewerbe, Familienwettbewerbe, das ist alles bis ins kleinste Detail geregelt.
Und es war eigentlich so gewünscht, dass auch diese Hierarchie so bleibt. Man wollte jetzt erst mal, so ist das kommuniziert worden, wenn jetzt hier in Deutschland gegründet wird auch in die Landesverbände hinein, dass der Deckel auf dem Topf in Deutschland beziehungsweise noch darüber liegen sollte. Und so war die erste Satzung auch tatsächlich gestaltet. Da war vorgesehen, dass Mitglieder von Special Olympics Nordrhein-Westfalen nur Menschen werden konnten, die Mitglieder bei Special Olympics Deutschland waren. Es gab auch die Werkstätten, es gab Schulen, die eben Mitglieder waren. Es gab Verbände wie die Lebenshilfe, die waren Mitglied oder sind Mitglied bei Special Olympics Deutschland und wir als Privatpersonen haben dann gesagt: ‚Ich möchte natürlich auch Mitglied im Verein werden, wo ich im Vorstand bin.‘ Also wurde ich Mitglied bei den Special Olympics Deutschland. Darüber wurde ich dann wiederum Mitglied bei den Special Olympics Nordrhein-Westfalen. So war die erste Satzung tatsächlich ausgestattet.
Wir haben irgendwann die Satzung geändert und es gab dann in Frankfurt Jahre später eine Satzungskommission. Und da ging es dann um die Thematik, das tatsächlich komplett abzuändern. Und da habe ich nur gesagt, dass das System so ja überhaupt nicht in das deutsche Vereinswesen, in den deutschen Sport passen würde, wo tatsächlich jetzt das normale Mitglied das Stimmrecht auf der Mitgliederversammlung hat. Das Mitglied entscheidet am Ende des Tages und von dort unten wird nach oben aufgebaut und die einzelnen Gremien und Verbände weiter hoch, bis dann eben in den DOSB. Und dann haben wir tatsächlich die Satzung entsprechend komplett umgestellt und anders gestaltet. Inwieweit das abgestimmt war mit SOI entzieht sich meiner Kenntnisse, aber auf diese Ebene bin ich nicht aufgestiegen. Wir haben dann letztlich das System so aufgebaut, wie es für Deutschland auch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch richtig ist.“
„Satzungsgemäß muss man ja einen Zweck nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch vorgeben. Im Grunde genommen war der Satzungszweck ja vor vorgegeben durch SOI aus Amerika. Beziehungsweise das ist ja auch die Intention des Ganzen, man will geistig behinderten Menschen die Möglichkeit geben, ganzjährig Sport zu betreiben, egal in welcher Altersgruppe, in Bewegung zu bleiben und in Kontakt zu bleiben. Das ist also letztlich die Förderung, die man hier erzielen wollte. Was man jetzt eben in jedem Verband hat, sei es beim Fußball, im Handball, dort jungen Menschen oder auch erwachsenen Menschen die Möglichkeit einzuräumen, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und an Sportveranstaltungen aktiv teilzunehmen. Diese Möglichkeit ist ja gerade geistig behinderten Menschen, insbesondere noch zu der Zeit nur in sehr geringem Maße ermöglicht worden. Da sind wir heute weitaus mehr vorangeschritten, aber es gibt heute immer noch schwierige Fälle.
Aber wenn man damals wahrscheinlich eine Erhebung gemacht hätte, in wie vielen Vereinen körperlich behinderte Menschen mitspielen, hätte man wahrscheinlich nur wenige gefunden.
Und wenn man dann berücksichtigt, in wie vielen Vereinen geistig behinderte Menschen mitgespielt haben, dann hätte man nach zehn Fingern aufgehört. Ich vermute es fast mal, ohne es tatsächlich zu wissen. Also zur damaligen Zeit war das in Nordrhein-Westfalen sehr reduziert. Ein Tennisverein in Neuss, der hatte sich das auf die Fahne geschrieben und das auch sehr propagiert. Der Basketball Verein aus Hagen, der hatte das auch entsprechend propagiert. Es gab in Paderborn einige Bewegungen, da gab es einen Verein. Natürlich gab es das auch in anderen Städten, an anderen Stellen, natürlich in den Werkstätten und bei der Lebenshilfe. Natürlich gab es da derartige Tätigkeiten. Tagtäglich arbeiten die mit den geistig behinderten Menschen zusammen. Aber diese organisierte Form des Sporttreibens, insbesondere das auf eine Verbandsebene zu heben, das gab es nicht und das war ja das Ziel dabei. Eigentlich haben wir einen Verband dazu. Damals gab es den Verband an der Stelle, einmal den DBS auf Bundesebene beziehungsweise den Behindertensportverband Nordrhein-Westfalen. Da wurde ja gar nicht differenziert an der Stelle, also zumindest im Vereins- und Verbandsnamen, zwischen körperlich oder geistig Behinderten. Die sahen sich also auch oder sehen sich auch als Vertreter dieser Personengruppe. Mein Erfahrungssatz ist aber damals gewesen, das tatsächlich der Großteil der Arbeit dort in die körperlich Behinderten gesteckt wurde. Klar, weil es dort sicherlich für Menschen mit einer körperlichen Behinderung in Anführungsstrichen einfacher ist, Sport zu treiben als für geistig Behinderte, je nach Behinderungsgrad und weil das eben auch sehr viel aufwendiger ist. Aber das waren die Ziele, die man sich da gesetzt hatte. Und was dort jetzt im Ursprung stattgefunden hat, in den ersten zwei Jahren, das war im Grunde genommen nicht viel anders als das, was vorher auf deutscher Ebene tatsächlich schon gemacht worden ist. Man hat auch die Strukturen erst einmal übernommen. Sonst hätten wir ja von null anfangen müssen. Aber man ist letztlich natürlich an die Werkstätten herangegangen und an die Schulen. Das sind die Örtlichkeiten, wo man Kontakte knüpft und über diese Örtlichkeit auch wiederum natürlich an die Eltern. Aber machen wir uns nichts vor, wir selber konnte ja keinen Sport anbieten. Beziehungsweise es gab wenige Sportkoordinatoren im Fußball, im Judo, im Basketball, im Tennis, also im Grunde genommen Trainer, die selber natürlich auch nur deshalb Sportkoordinatoren bei uns im Verband wurden, weil die dort selber in einer Einrichtung, in einem Sportverein tätig wurden und dort das Angebot für die geistig behinderten Sportler hatten und wir die letztlich noch weiter involvieren wollten. Aber das sind die Schritte gewesen. Und das ist wirklich also ein mühsamer Schritt gewesen, hier im Einzelnen dann tatsächlich Strukturen aufzubrechen. Denn natürlich haben die Werkstätten oder auch die Schulen gesagt: ‚Wofür brauchen wir euch denn tatsächlich als Verband? Wir haben doch einen Sportbetrieb für unsere Personen, die jetzt dort in der Einrichtung leben, die Werkstätten besuchen. Das ist doch da vorhanden? Warum brauche ich einen Verband an der Stelle?‘ Wenn wir das jetzt runterbrechen wollten, kann jede Sportvereinigung, jeder Fußballverein sagen: ‚Wofür brauche ich den Deutschen Fußball-Bund oder den Westdeutschen Fußballverband?‘ Die Frage stellt sich immer. Das ist natürlich dann auch mehr Arbeit gewesen, Überzeugungsarbeit, die heute immer noch besteht.“
„Bei SO Deutschland hat man die Strukturen komplett über die Jahre geändert, was die führenden Köpfe angeht. Man ist tatsächlich hingegangen und hat versucht, Menschen aus Politik und Wirtschaft zu finden, die über entsprechendes Know-how, die über entsprechende Kontakte verfügen und die auch Willens und in der Lage sind, die Interessen des Verbandes weiter nach vorne zu bringen. Ja, das fing an mit Gernot Mittler, der Minister in Rheinland-Pfalz war und das hat sich in der Struktur dann immer weiter fortgesetzt. Damals war SO Deutschland noch in Würzburg beheimatet und ist dann nachher nach Berlin gewechselt. Heutzutage ist oder war die Mehrheit in irgendeiner Weise Mitglied im Deutschen Bundestag. Dort hat man auch viel Struktur geschaffen, über alle Fraktionen hinweg auf politischen Ebenen und ist dort schon enorm gut aufgestellt, was das angeht und was Verbindungen zu Ministerien angeht. Und natürlich sind auf der Ebene die Kontakte zum DOSB vorangetrieben worden. Und das war dann am Ende des Tages das Zugpferd, damit es dann auf Landesebene weiter gegangen ist.“