Hans-Peter Schmitz
*1940
Erster Integrationsbeauftragter des LSB-NRW
Ab den späten 1960er-Jahren bekleidete Schmitz diverse Ämter als Funktionär im nordrhein-westfälischen Sport. Früh kristallisierte sich für ihn ein besonderes Interesse rund um gesellschaftspolitische Fragen im Sport heraus.
Kurzbiografie
- Geboren 1940 in Aachen
- Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien Mathematik und Physik
- 1979-2001 Vorstandsmitglied der Sportjugend Nordrhein-Westfalen
- 1990-1999 Umweltbeauftragter der Sportjugend Nordrhein-Westfalen
- 1985-1997 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sport-, Jugend- und Gesellschaftspolitik in der Sportjugend Nordrhein-Westfalen
- 1985-2011 Mitglied in diversen Ausschüssen des LSB-NRW
- 1986-2015 Kreisvorsitzender Rhein-Lippe im Leichtathletik-Verband Nordrhein e. V. (LVN)
- 2002- 2016 Mitglied in verschiedenen Ausschüssen des Westdeutschen Fußball- und Leichtathletikverband e. V. (WFLV)
- 1995 Sportplakette des Landes Nordrhein-Westfalen
- 1997-2012 Integrationsbeauftragter des LSB-NRW
- 2001-2008 Kooptiertes Mitglied der Sportjugend Nordrhein-Westfalen
- 2005-2008 Präsidiumsmitglied des LSB-NRW
- 2014 Ehrenmitgliedschaft des LSB-NRW
- Seit 2017 Good-Governance-Beauftragter des LVN-Präsidiums
Hans-Peter Schmitz über …
„Als ich dann in Aachen am Ende meiner Referendarausbildung den Schrieb mit der Versetzung bekam – Mädchengymnasium des Kreises Dinslaken, den gab es damals noch, da habe ich erst mal meinen Kollegen, der Erdkunde hatte, gefragt: ‚Guck doch mal nach, wo ist das überhaupt?‘ Ich wusste also gar nicht, wo das war, muss ich gestehen. Ich war dann außerdem sehr sauer darüber. Wir konnten also vorher einen Fragebogen ausfüllen, wo wir gerne hinwollten und was wir gerne machen wollten. Und ich hatte also wegen meiner, Fächer ein Mädchengymnasium ausgeschlossen und kam nun zu einem Mädchengymnasium. Ich war also erst mal sehr, sehr sauer. Und dann habe ich versucht, mit diesem Mädchengymnasium Kontakt aufzunehmen, das ist mir in den Sommerferien nicht gelungen. Vor den Sommerferien haben wir die Versetzung gekriegt. Es ist irgendwie witzig und dann stellte sich nachher heraus, es gab ja damals diese Stallwache, die an zwei Tagen in der Woche sein musste. Und diese Stallwache machte ein Mitstudent, der also ein bisschen früher fertig geworden ist, in Wesel wohnte und an diesem Mädchengymnasium war. Der machte diese Stallwache. Er war aber nicht zu erreichen, weil der Hausmeister vergessen hatte, das Telefon umzustellen. Der Hausmeister war im Urlaub, alle Gespräche liefen beim Hausmeister auf, der nicht zu erreichen war. Und dann habe ich gedacht: Na ja, dann eben nicht. Ich habe dann erst ganz am Schluss der Sommerferien Kontakt mit der Schule aufgenommen. Die Schule bekam damals einen ziemlichen Schub von neuen Lehrkräften und von frisch gebackenen Assessoren, wie wir ja damals hießen. Wir hatten eine Direktorin, es war ja ein Mädchengymnasium, und die hat uns durch die Schule geführt. Ein Neubau muss man dazu sagen, noch nicht in allen Teilen fertig, aber ein tolles Gebäude. Und dann hat sie uns unten zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Dann haben wir da gesessen, und dann habe ich sie gefragt: ‚Wann kann ich mein erstes Versetzungsgesuch stellen?‘ Da ist sie beinahe vom Stuhl gefallen. Und da bin ich aber dort hängen geblieben. Ich habe dann meine erste Frau kennengelernt, eine Sportlehrerin, die leider auch früh gestorben ist. Und über diese Sportlehrerin bin ich dann zur Leichtathletik gekommen.“
„1979 hörte Frau Maria Jeibmann in der Sportjugend auf. Die kam ja aus der Leichtathletik und ging rüber in das Präsidium des Landessportbundes. Und dann ist man auf mich zugekommen und hat gesagt: ‚Könntest du dir vorstellen, in die Sportjugend als Vertreter der Leichtathletik zu gehen?‘ Die großen Verbände versuchten ja in diesem Ausschuss jemanden zu platzieren, um auch einen gewissen Einfluss auszuüben. Frau Jeibmann sagte: ‚Also ein-, zweimal im Monat wirst du gefordert.‘ Und dann habe ich mit meiner Frau gesprochen. Sie hat gesagt: ‚Wenn es dir Spaß macht, dann mach es.‘ Sie war ja sportaffin. Und dann habe ich ‚Ja‘ gesagt und bin dann 1979 auf dem Jugendtag in Kevelaer in diesen Ausschuss gewählt worden. Am Vorabend ist Frau Jeibmann mit mir bei den Delegierten rumgereist, sowie das damals üblich war und hat mich vorgestellt. Sie hat gesagt: ‚Hier, er kommt aus der Leichtathletik und soll mein Nachfolger werden.‘ Ich bin dann mit einem relativ guten Ergebnis in diesen Ausschuss gewählt worden und bin da eben bis 2001 drinnen geblieben.
Da ich ja nicht aus dem wirklichen Sport kam, hatte ich erst ein bisschen Schwierigkeiten in der Sportjugend. Damals hat mich Hermann Ridder, der dann später auch Vorsitzender der Sportjugend gewesen ist, inzwischen ist er verstorben, in die Arbeitsgemeinschaft Sport-, Jugend- und Gesellschaftspolitik geholt. Er hat gesagt: ‚Das ist jemand, der sieht nicht den Ball als Erstes, der denkt auch ein bisschen darüber hinaus.‘ Und als er dann Vorsitzender der Sportjugend wurde, habe ich die AG übernommen. Wir haben damals immer scherzhaft gesagt: ‚Das ist das Politbüro der Sportjugend.‘ Das heißt, bei uns sammelte sich alles an, was in die folgenden Worte reinpasse. Also Sportpolitik, Einflussversuche um Geld zu bekommen für die Jugend und so weiter. Dann Gesellschaftspolitik und Jugendpolitik. Wir waren ja ein anerkannter Jugendverband. Also bei uns landete einiges, zum Beispiel der Umgang mit Gewalt auf dem Sportplatz. Dann, als die Sache mit der Umwelt aufkam, dann eben auch politische Statements. Wir haben uns damals mit dem damaligen Vorsitzenden des Landessportbundes Weyer angelegt, weil wir nämlich die Sache mit dem Boykott von Moskau etwas anders sahen. Das fand der gar nicht gut. Und wir haben auch im Bereich der Friedensdemonstrationen mitgewirkt.
Wir haben dann in diesem Bereich gearbeitet, und ich habe dann auch in diversen Ausschüssen des Landessportbundes die Sportjugend vertreten, also zum Beispiel im Umweltausschuss und im Ausschuss Verein. Immer, wenn etwas kam, was auf der politischen oder sportpolitischen Ebene lag, dann wurde ich geschickt.
Wir waren in manchen Dingen kritisch dem Landessportbund gegenüber. Und haben auch manche Dinge gemacht und gesagt, die also nicht so in die Linie hineinpassten. Aber es hat nie große Auseinandersetzung gegeben. Man hat uns nie mit Ausschluss gedroht.“
„Auslöser war das Aufkommen der Umweltbewegung. Weil dann der Zeitpunkt kam, dass darüber gestritten wurde: Wie weit kann man zum Beispiel im Wald laufen? Wie weit geht man da an die Natur ran? Zweiter Bereich war die Frage: Wie ist es beim Wassersport, wenn man eben auf Flüssen Wassersport betreibt und nicht auf einer Regattabahn? Und dann ging es also auch um Ressourcen, die man sonst hatte. Das waren also Auslöser, die dazu führten, dass der Landessportbund eben einen Umweltausschuss ins Leben rief und dann auch die Sportjugend einen Vertreter reinschickte, wie sie das in allen Ausschüssen tat. In allen Ausschüssen des Landessportbundes saß immer ein Vertreter der Sportjugend. Und im Umweltausschuss saß ich dann drin, und wir haben uns dann damit beschäftigt und haben Papiere herausgebracht. Wir haben dafür gesorgt, dass auf der einen Seite nach wie vor durch den Wald gelaufen werden konnte. Das sind ja in der Leichtathletik, Waldlauf und Crosslauf, das sind Sachen, die man in der Natur macht und auf der anderen Seite aber doch Rücksicht genommen wird auf die Natur.“
„Die schulische Partnerschaft mit Arad ist über die Städtepartnerschaft Dinslaken-Arad entstanden. Meine alte Schule hat da immer mitgemischt. Die hatte also eine Arbeitsgemeinschaft, die sich auch mit der israelischen Geschichte und so weiter beschäftigt hatte.Auch die Sportjugend hat sehr früh einen Austausch mit Israel angestoßen. Wenn ich das richtig erinnere durch Johannes Rau.
Wie gesagt gab es sowohl den Austausch von Sportgruppen also auch auf Vereinsebene, und wir haben dann quasi auf der höheren Ebene die Vorbereitungen jeweils getroffen. Wir sind dann einmal im Jahr in Israel gewesen und haben mit unseren israelischen Partnern die nächsten Begegnungen abgesprochen. Ich weiß nicht, wie es heute ist, aber die sind ja immer vom Land Nordrhein-Westfalen gut gefördert worden.
Wenn ich jetzt von mir ausgehe. Mir hat es für manche Dinge die Augen geöffnet. Also insbesondere der Israelaustausch. Wenn man mal da war und dann versteht man manche Reaktionen der Israelis besser. Wer mal auf den Golanhöhen war und dann runtergeschaut hat, der weiß, warum für die Israelis die Golanhöhen so wichtig sind. Und es gibt auch kritische Bemerkungen. Was uns nicht so gefallen hat, ist diese Siedlungsgeschichte. Ich bin also bei einem der Austausche in einer israelischen Familie gewesen. Die stammten aus Afrika und lebten in einer solchen Siedlung im Westjordanland. Und wir fuhren da durch, auf einmal machte der Fahrer das Handschuhfach auf und zog eine Pistole raus. Sodass die in der Zeit griffbereit war, wo wir auf dem palästinensischen Gebiet waren. Ich habe das nie so richtig für gut befunden, dass man also diese Zellen da drin hatte und finde das heute auch noch kritisch. Aber es ist meine persönliche Meinung. Ansonsten kann ich vieles verstehen, wie die Israelis reagieren in manchen Dingen.“
„Im Anfang war der Bereich der Zuwanderung und der Migration beim Landessportbund angesiedelt. Der Deutsche Sportbund, heute Deutscher Olympische Sportbund, hat 1981 ein Papier rausgegeben, an das sich auch der Landessportbund angehängt hat, mit gewissen Thesen zum Umgang mit Zuwanderern. Und daraus ist dann ein Projekt entstanden ‚Sport mit Aussiedlern‘. 1989 kam eine Vielzahl an Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion. Dann ist daraus geworden ‚Sport mit ausländischen Bürgerinnen und Bürgern‘. Und dann irgendwann ‚Sport mit Migranten und Migrantinnen‘. Ich habe das eben im Jahr 1997 offiziell übernommen. Ich bin also zuerst beim Landessportbund als Beauftragter gewesen und 1997 ist das Ganze dann offiziell an die Sportjugend gegangen. Und da habe ich dann diesen Bereich, weil es in diese AG Sportjugend und Gesellschaftspolitik hineinpasste, betreut. Und habe dann immer, wenn es um Fragen der Migration ging, im Landessportbund die Sache vertreten. Ich bin damals der erste ehrenamtliche Integrationsbeauftragter in der Bundesrepublik gewesen, nachher gab es noch ein paar. Aber ich war der Erste und hatte, eine gute Unterstützung durch hauptamtliche Kräfte. Wir waren also immer ein eingespieltes Team. Ich war das Aushängeschild, das auch auf die Veranstaltungen gehen musste. Aber im Hintergrund waren immer Leute, die mir zugearbeitet haben. Sonst wäre das auch gar nicht möglich gewesen.
Ausgangspunkt ist dieses Papier des DSB 1981 gewesen, und in diesem Papier wurden zwei Dinge vertreten, nämlich einmal, dass eigenethnische Vereine nur eine Übergangslösung wären und dass die möglichst bald aufgelöst werden sollten. Und das Zweite war, dass die Zuwanderer assimiliert werden sollen. Also das waren die beiden Eckpunkte, die man also eine ganze Zeit vertreten hat. Wir haben da relativ früh schon gesagt: ‚Das funktioniert einfach nicht.‘ Und wir haben dann ja zusammen mit diversen anderen Gruppierungen aus Nordrhein-Westfalen ein Papier erarbeitet, das einen etwas anderen Ansatz hatte. Auch vor dem Hintergrund, dass das Ruhrgebiet sehr stark von Zuwanderern geprägt war.“