Ralf Moeller
*1959
“Mr Universe” und Gladiator
Der SV Neptun zeugte einen Gladiator: In seiner Heimat Recklinghausen absolvierte Ralf Moeller eine Ausbildung zum Schwimmmeister. Als Bodybuilder pumpte er sich 1986 zum “Mr Universe” und inszenierte seine Körperkraft fortan cineastisch.
Kurzbiografie
- 1959 Geburt in Recklinghausen
- 1966-1974 Mehrfacher Stadt- und Westfalenmeister im Schwimmen für den SV Neptun 28 e. V.
- 1981-1983 Schwimmmeister/-lehrer in Recklinghausen
- 1977-1989 Bodybuildingkarriere 1983 bundesdeutscher Meister im Bodybuilding („Mister Germany“)
- 1986 IFBB-(Amateur-)Weltmeister “Mr Universe” (im Schwergewicht über 90 Kg)
- 2000 Filmrolle als Gladiator Hagen in Ridley Scotts Gladiator
- 2010 Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen
Ralf Moeller über …
„Ich habe früh mit Schwimmsport angefangen, damals beim SV Neptun 28. Das war so mein Ding. Aber ich bin über eine Stadtmeisterschaft oder Westfalenmeisterschaft nicht weiter herausgekommen, ich wurde dann mal Jahrgangsmeister. Ich kann mich erinnern, Brust habe ich gern geschwommen, Kraul und später wurde ich älter, dann auch mal Delfin. Aber beim Brustschwimmen habe ich nachher irgendwann den Scherenschlag reinbekommen, den kriegte man auch nicht wieder raus. Rückenschwimmen habe ich gar nicht gemocht, aber Kraul und dann später Delfin, das war es dann. Aber wie gesagt, alles noch auf regionaler Ebene.
In der Schule wurde viel Sport gemacht. Da wurde mehr Sport gemacht als heutzutage. Alleine schon im Sport gab es auch immer eine gute Zwei, manchmal auch eine Eins. Dann gab es ja auch die Urkunden. Damals gab es die Ehrenurkunden und die Siegerurkunden.
Ich muss auch sagen: Mir hatte der Vater das Schwimmen beigebracht. Und später wurde ich dann trainiert bei dem jetzt schon länger Verstorbenen Ortwin Thum, der war auch Schwimmlehrer. Er hat Generationen von Leuten das Schwimmen beigebracht und auch dann trainiert. Und dann gab es bei uns damals im Hallenbad auch das Totenkopfabzeichen. Dafür musstest du dich eine Stunde im Wasser bewegen, Ringe aus 3,50 m Tiefe rausholen – das war so die Zeit.
Und ich habe dann auch mal eine Zeit geboxt, im Boxring 28. Allerdings nur so zwei Jahre, es war mehr so trainingsmäßig. Ich sollte dann mal mit 15, 16 einen Kampf haben. Ich war ja schon als Junior so eine Art Schwergewicht. Aber der Gegner hatte sich dann den Finger gebrochen, dann hatte ich umsonst trainiert. Dann gab es noch mal irgendwie ein Kampf, der nicht stattgefunden hatte. Und dann hatte ich die Lust verloren und begann dann später so mit 17 mit dem Bodybuilding. Da bin dann immer nach Herne zum Oskar Lutz, das war ein ehemaliger Kugelstoßer oder Diskuswerfer gewesen und der hatte so einen Raum. Das sah so wie bei Rocky aus, also mit so ganz verrosteten Geräten. Man brauchte auch von Recklinghausen-Süd bis nach Herne, wo er war, immer so bestimmt 45, 50 Minuten mit der Bahn oder man ist auch schon mal mit jemandem auf dem Mofa mitgefahren. Da gab es auch keine Duschen, aber wir haben da toll trainiert. Und von dort aus ging es dann später nach Essen zum Sportstudio Brand. Dann habe ich irgendwann regelmäßig in Essen trainiert und dort auch meine ersten Wettkämpfe absolviert.“
„Ich habe gedient, wie man so schön sagt, von 1979 bis 1981, Wuppertal-Elberfeld im Pipelinepionierbataillon 840, Generaloberst-Höppner-Kaserne. Und bin als Obergefreiter UA – Unteroffiziersanwärter damals abgegangen. Das war die Zeit, da haben wir noch 15 Monate gedient. Ich habe 1977 mit Bodybuilding angefangen. Ich war dann schon Juniorenmeister und wollten natürlich weitermachen, aber konnte nicht. In der Zeit von 1979 bis 1981 dachte ich: Verdammt, Bodybuilding ist keine anerkannte Sportart. Was machst du?
Dann bin ich zum Ogiolda dem Bundestrainer in Wattenscheid. Der war für Kugel und Diskus Bundestrainer. Und da bin ich nach Wattenscheid und habe gesagt: ‚Ich möchte Kugel und Diskus trainieren.‘ Also da kam ich dann vom Bund – nach der dreimonatigen Grundausbildung konnte ich dann auch manchmal eher einen Dienst beenden und habe dann dort trainiert. Ich bin dann von Wuppertal nach Wattenscheid gefahren. Und ich habe dann dort auch trainiert, weil ich wollte natürlich weiter Bodybuilding machen. Ich brauchte Eisen, das habe ich natürlich in der Kaserne nicht vorgefunden. Klar wurde da gelaufen, gerannt und Sport gemacht. Beziehungsweise mit den 36-Stunden-Übungen oder 24-Stunden laufen und gehen, bis die alle Blasen hatten. Aber es war kein Sport. Es war natürlich eine Kraftanstrengung, aber man hat jetzt nicht auf irgendetwas da hintrainiert, dazu hat man es zu wenig gemacht. Und ich hatte die Möglichkeit, in Wattenscheid eben weiterhin zu trainieren. Die Technik für Diskus, die dauert lange Zeit. Ich habe es ja auch, glaube ich, nie richtig reinbekommen. Und die Kugel – ja, ich habe sie gestoßen, aber überwiegend geworfen. Das heißt also, das hätte gar nicht gegolten. Mir ging es darum, dass ich die anderthalb Jahre gut überbrücke, dazu habe ich dann eben diesen Sport gewählt.“
„Der Arnold hatte dann schon 1972 in Essen gegen Sergio Oliva den Olympia Titel gewonnen. Das heißt, es gibt den ‚Mister Universum‘ Titel, und der bei den Profis kommt danach, wenn man dann noch weiter macht. Irgendwann kamen alle ‚Mister Universum‘ zusammen und haben dann den ‚Mister Olympia‘ erkoren. Und das war 1972 in Essen.
Essen und das Ruhrgebiet war wirklich eine Hochburg des Bodybuildings. Auch unten in Bayern oder in Berlin gab es viele kräftige Jungs, die alle trainiert haben. Viele kamen aus dem Kraftdreikampf oder aus dem Gewichtheben und gingen später dann auch zum Bodybuilding. Ich habe zum Beispiel meine Meisterschaft damals im Deutschen Museum in München gewonnen – im Deutschen Museum wurde ich damals Deutscher Meister.
In Tokio 1986 war ich der erste vom IOC getestete Meister. Es war der erste Bodybuilding-Wettkampf ‚Mister Universum‘ mit Dr. Manfred Donike aus Köln, dem legendären Doping Hunter, der aber auch die andere Seite kannte. Er war Radrennfahrer, hatte also auch gedopt und hat dann nachher die Seiten gewechselt und wurde zum Jäger. Er hat Ben Johnson und viele andere entlarvt. Und den haben wir 1986 gehabt. Die waren in Landshut bei der Qualifikation und auch in Tokio in Japan dabei. Das war mein vierter Anlauf. Beim ersten Mal 1982 wurde ich Dritter. Es war ein Riesenerfolg. Zum ersten Mal teilgenommen – Lee Haney, der dann später achtmal ‚Mister Olympia‘ wurde, wurde da das erste Mal ‚Mister Universum‘. Gunnar Rosbo mit einem einen Punkt Vorsprung zweiter und ich dritter. Und dann habe ich wieder ein Jahr später teilgenommen. Da gab’s Barry de Mey und Bob Paris. Die waren etwas kleiner, 1.82 Meter, 1.80 Meter – die waren harmonischer. Es dauerte, mir fehlte noch die Masse – wurde wieder Dritter. Dann ging ich zum dritten Mal ran. Habe mich dann verletzt an der Schulter und wurde nur Fünfter in Göteborg. Aber der Steinbock gibt natürlich nie auf. Dann habe ich ein viertes Mal teilgenommen, das war dann in Tokio Japan. Dort gewann ich dann die Weltmeisterschaft unter IOC Regeln.“
„Ich habe damals auch immer noch Seminare gegeben und habe immer gesagt, wenn bei einem Seminar dann 400-500 oder über tausend Leute da waren: ‚Ich kann nur von meinen Erfahrungen sprechen. Ich bin kein Arzt, ich bin kein Trainer in dem Sinne. Ich kann euch nur sagen, wie ich trainiere.‘ Ich habe dann erzählt, dass ich eben Brust-Rücken trainiere, Schultern-Arme. Das ich überwiegend jede Muskelgruppe in der Woche, zweimal die Woche trainieren. Heute sieht das Training anders aus. Aber damals zum Wettkampf habe ich dann teilweise die letzten drei Monate zweimal am Tag trainiert, aber generell überwiegend auch nur einmal.
Die Ernährung spielt eine wesentliche Rolle. Und ja, es galt sich halt zu motivieren. Meine schwache Partie waren am Anfang immer die Beine. Deshalb ging ich später auch zu Rolf Milser unserem Goldmedaillengewinner von 1984, der jetzt auch ein sehr erfolgreiches Hotel in Duisburg betreibt, wir waren befreundet. Und dann bin ich immer rausgefahren zu den Gewichthebern, weil die trainierten halt Beine. Und da war ich motiviert und musste dann trainieren. Da habe ich mir dann die Langhantel mit 220, 230 Kilo hier vorne draufgelegt und bin hoch- und runtergegangen und hab acht oder zehn Wiederholungen gemacht. Und wie Mohammed Ali schon sagte: ‚Wir fangen erst an zu zählen, wenn es wehtat.‘ Also nicht die ersten sieben oder acht und dann aufgehört, sondern wenn du aufhören wolltest, sage ich immer noch heute: ‚Wenn ihr aufhören wollt, dann müsst ihr erst beginnen, in allem was man tut.‘ Irgendwo kommt eine gewisse Grenze und meint, jetzt geht es nicht weiter, aber es geht immer weiter. Man muss nur den Willen dazu haben. Und so hat man Erfahrungen von den anderen Trainierenden, mit denen wir trainiert haben, übernommen.“
„Mit Götz habe ich 1988 meinen ersten Film, einen Tatort gemacht – ‚Gebrochene Blüten‘ hier in Duisburg. Keine große Rolle, aber eine, an die man sich erinnerte. Ich wog da 135 Kilo. Und er wurde gejagt und auf der Suche nach mir knallt der gegen meine Beine, weil er sich so duckt. Und ich nehme ihn hoch, habe einen Apfel im Mund, beiße den Apfel ab und gebe ihm links und rechts eine.
Das mit dem Apfel war meine Idee gewesen. Denn dieser Apfel, der machte die ganze Szene noch cooler. Und so mit fing das dann an. Das war dann mit Götz George zusammen. Und dann ging das weiter.
Und das kam eben dadurch, nachdem ich 1986 Weltmeister wurde, war ich ein Jahr später in München. Da habe ich meine Bilder genommen und bin zu den Bavaria-Studios ins Castingbüro gegangen und habe denen gesagt: ‚Wenn ihr Mal einen großen, starken Mann braucht, hier ist einer.‘ Und dann, sechs Monate später, riefen die an und sagten: ‚Wir brauchen einen für diese Rolle.‘ Dann habe ich gesehen: Du musst auf dich aufmerksam machen. Dein bester Promoter bist du selbst. Und das habe ich bis heute beibehalten. Ich habe dann damals auch ein Buch gemacht, das hieß: ‚Bodybuilding – die Faszination athletischer Körper‘. Das war beim Falken-Verlag wurde wirklich sehr erfolgreich damals und später auch weltweit verkauft. Und dann, über die Jahre hinweg, fragten immer wieder Menschen: ‚Moeller, warum machst nicht wieder mal ein Buch?‘ Und ich sage: ‚Du, die Übungen haben sich nicht verändert, die sind die Gleichen geblieben.‘ Aber ich habe jetzt in diesem Jahr während der Pandemie eins geschrieben, das heißt: ‚Erstma‘ machen‘. Bei uns im Ruhrpott wie man so sagt: ‚Hömma, erstma machen. Mach mal nicht so viele Sprüche, sondern zeig, was du kannst.‘ Das sind so die Sachen und daraus ist das Buch geworden. Es wurde auch ein Bestseller.“